Schottland 2019 - Von Edinburgh nach Inverness und zurück - Teil 4
Auf dem Weg nach Aviemore

RouteDonnerstag, 03.10.2019, der achte Tag unserer Schottlandreise bricht an. Zeit Inverness zu verlassen. Unser Weg führt uns zu T

Nairn Strand

Nairn Ebbe

Nairn Dünen

agesbeginn zunächst aus der Stadt heraus, östlich die Küste entlang. Wir wollen nach Nairn, zum Strand. Uns erwartet eine Menge Muscheln, ein Sandstrand, Dünen und Meer. Es herrscht gerade Ebbe, das Wasser flüchtet noch lange über mehrere hundert Meter hinweg ins Meer zurück, der klatsch nasse Sand ist gespickt mit Wattwurmhäufchen. Krähen zupfen am Seetang, Krebse folgen dem Wasser weiter ins Meer hinein. Bachläufer waten durch flache Wasserrinnsale. Ein paar Möwen verfolgen uns, in der Hoffnung wir würden unseren Proviant mit ihnen teilen. Am Horizont sehen wir ein paar Frachtschiffe vorüberziehen.

Nairn lockt mit wunderschönem Sand- und Kiesstrand. Die Stadt war ursprünglich ein Fischerdorf, dessen Einkünfte mittlerweile zu einem großen Teil aus dem Tourismusbereich kommen. Vermutlich ist der Strand dort nicht unbedingt das Paradebeispiel der schottischen Küste,

Fischersfrau

Nairn Hafen

Nairn Dammweg

von der man steile, raue Felswände erwartet, die in das kalte Meer herabführen. Einen Tagesausflug ist es aber auf jeden Fall wert. Auf der Uferpromenade findet man eine Bronzestatue einer Fischersfrau. Sie steht stellvertretend für die Frauen der Fischer, als Nairns Einnahmen hauptsächlich aus dem Fischfang stammten. Die Frauen, die sich dort nicht nur um den Haushalt und das Familienleben kümmerten, sondern auch um das Zubereiten des Fisches, das Fangen und Sammeln der Köder, sowie den Verkauf des Fisches, trugen einen sehr großen Teil dazu bei, dass die Fischer ihre Familien ernähren konnten. Die Statue der Fischersfrau ist Mahnmal und Wertschätzung für diese Leistung.

Im Anschluss fahren wir, nur wenige Fahrminuten entfernt, zu einem Drehort der Serie „Outlander“. Cawdor Castle bietet neben dem Schloss an sich auch einen schönen Schlossgarten. Leider müssen wir feststellen, dass diese Location durch ihren Einsatz als Drehort einer beliebten Serie entsprechend hohe Eintrittspreise verlangt. Für den Schlossgarten und dann noch einmal zusätzlich für das Schloss selber. Da wir an diesem Tag noch einige weitere Ziele anstreben, beschließen wir, dass es uns den stattlichen Preis nicht wert ist. Wir besichtigen das Gelände von außen und legen eine Pause ein, um unseren Mittagsproviant zu essen. Um den Schlossgarten, eigentlich drei davon, um genau zu sein, und das Schloss ganz in Ruhe besichtigen zu können, bräuchte man vermutlich eh mindestens einen halben Tagesausflug. Die Zeit haben wir leider nicht und so bleibt Cawdor Castle zwar auf unserer Liste der Sehenswürdigkeiten, die wir empfehlen würden, aber leider nur flüchtig betrachten konnten.

Nächster Halt ist das Culloden Moor. Dort parken wir unser Auto, um unseren eigentlichen Tagesausflug in Angriff zu nehmen. Das Moor Culloden Moorgehört zum Austragungsort der Schlacht von Culloden, bei der sich am 16. April 1746 britische Regierungstruppen und aufständische Jakobiten bekämpften, um über die Herrschaft von England, Schottland und Irland zu entscheiden. Die Jakobitenaufstände, zu denen die Schlacht bei Culloden gehört, lagen in der Entthronung des letzten römisch-katholischen Monarchen James II. begründet, der gezwungenermaßen durch seinen protestantischen Schwiegersohn abgelöst wurde. In diesen Kriegen war die Schlacht bei Culloden die tragischste und blutigste. Diverse taktische Fehler führten dazu, dass ein Großteil der Angehörigen der großen Clans, die auf Seiten der Jakobiten kämpften, auf teilweise grausame Art und Weise ihr Leben ließen. Entlang eines Wanderweges im Moor (das Moor zog sich ursprünglich viel weiter, auch über das Schlachtfeld, das heute nur noch eine Wiese ist), kann man neben der dicht bewaldeten und urigen Landschaft auch viele Hinweisschilder und Infotafeln finden, die einem den Hergang der Schlacht bei Culloden näher bringen.

Unser Weg führt uns allerdings erst einmal weg vom Schlachtfeld, beinahe in die entgegen gesetzte Richtung. Wir Culloden Viaductmöchten zu den Clava Cairns, Steinkreise besichtigen. Die Gegend ist sehr ländlich, es gibt viele recht einsam gelegene Höfe und eine ganze Menge Tiere, denen man entlang der Weiden begegnet. Der Weg ist sehr lang, weshalb viele vermutlich eher mit dem Auto zwischen den Touristenpunkten pendeln. Wir aber wollen uns ja ganz viel bewegen. Da kommt uns das sehr gelegen. Auf dem Weg zu den Steinkreisen können wir das Culloden Viaduct aus der Ferne betrachten. Das Viaduct ist eine Steinbogenbrücke aus dem Jahre 1898, die mit knapp 600 Metern Länge architektonisch beeindruckend das Tal überspannt. Den Weg ein ganzes Stück weiter hinab finden wir dann die Clava Cairns.

Die Clava Cairns, die Hügelgräber und Steinkreise bei Inverness, sind Überbleibsel des Totenkultes der Schotten in der Bronzezeit. Die Cairns sollten vermutlich als Behausungen für die Toten, also ihren Geistern und Seelen dienen. Interessant bei der Architektur der Hügelgräber ist, dass die Eingänge so ausgerichtet sind, dass zum Tag der Wintersonnenwende die letzten Sonnenstrahlen durch den Eingang an die gegenüberliegende Wand im Inneren des Hügelgrabes fallen. Die Balnauran of Clava sind zwar nicht mehr überdacht, allerdings kann man sich gut vorstellen, welchen Effekt die Beleuchtung der Rückwand gehabt haben muss, als die

Clava Cairns

Cairn

Cairn und Steinkreis

Überdachungen noch intakt gewesen sind. Der Ort ist relativ wenig besucht und das obwohl er dem Culloden Battlefield so nahe ist und auch durch den Besuch der Autorin Diana Gabaldon, welche an diesen Steinkreisen vermutlich ihre Inspiration für die Romanreihe „Outlander“ fand, zu mehr Berühmtheit dieses Ortes geführt hat. Einige der Besucher nehmen das mit dem „bitte nicht anfassen“ nicht so genau und setzen sich auf die Steinmauern, was uns ziemlich ärgert, da die Hügelgräber, ebenso wie das nahegelegene Schlachtfeld als Gedenkstätten für die Toten durchaus respektvollere Behandlung verdient haben. Vor allem die Hügelgräber sind in der Vergangenheit gerne geplündert worden. Nicht aber wegen etwaiger Schätze, die man dort auch nicht zu erwarten hatte, sondern wegen der teils sehr großen Steine, die man gerne zum Bau von Mauern verwendete. Dass man einige der Hügelgräber überhaupt noch in solch gutem Zustand besichtigen kann, liegt einzig und alleine an dem Denkmalschutz, den die Denkmäler erst seit 1884 durch ein zu diesem Zeitpunkt hart erkämpftes Gesetz genießen.

Culloden Battlefield

Culloden Battlefield Gedenkstein der Engländer

Culloden Battlefield Gedenkstein Schotten

Der Rückweg zum Culloden Battlefield führt uns wieder komplett außen herum zurück. Querfeldein, einfach schräg rüber zum Schlachtfeld zu laufen funktioniert leider nicht so, wie wir uns das über Google Maps ausgemalt hatten. So kommen wir erst relativ spät beim Besucherzentrum an. Es ist später Nachmittag und die Sonne beginnt bereits langsam unter zu gehen. Wie wir später erfahren ist das jedoch der perfekte Zeitpunkt, um sich das Schlachtfeld anzusehen, da der Sonnenuntergang dem ehemaligen Schlachtfeld und der jetzigen

Culloden Battlefield Raupe

Culloden Battlefield Gedenkstein Clan Donald

Culloden Battlefield Rundweg

Gedenkstätte ein ganz besonderes Flair bereiten. Ein Rundweg führt über das Schlachtfeld und vorbei ein vielen Gedenksteinen für verschiedene Clans, die an der Schlacht teilnahmen, aber auch für die gefallenen Engländer. Fähnchen markieren strategische Schlachtpunkte und Infotafeln liefern die dazugehörigen Informationen. Beachtlich fand ich, dass bei den Gedenksteinen oftmals Blumen, Kiesel und viele Münzen

Culloden Battlefield Denkmal

Culloden Battlefield Denkmalinschrift

Culloden Battlefield Gedenkstein Clan Fraser mit Beigaben

niedergelegt sind. Obwohl das Schlachtfeld offen zugänglich ist, wird davon nichts entwendet. Am beeindruckendsten ist vermutlich, neben der kleinen Steinhütte, dem Leanach Cottage, das vermutlich schon zu Zeiten der Schlacht dort gestanden hat, das Cairn, das in Gedenken an die Gefallenen der Schlacht in der Mitte des Schlachtfeldes errichtet wurde. Wir schauen im Anschluss noch im Besucherzentrum vorbei und holen uns dort noch das ein oder andere Souvenir. Auf den Wiesen vor dem Zentrum kann man außerdem zusätzlich Highlandrinder beobachten.

Es beginnt zu dämmern, als wir uns wieder ins Auto setzen. Wir überlegen kurz, ob wir die Gelegenheit noch wahrnehmen und einen letzten Punkt auf unserer Liste noch mitnehmen, oder einfach weiter zur nächsten Unterkunft fahren sollen. Dann beschließen wir doch noch den Versuch zu wagen. Unser Weg führt uns also zurück nach Inverness, über die große Brücke hinweg auf die andere Seite der Küste.
Wir wollen zum Chanonry Point, der mir bereits auch von Bekannten empfohlen worden war. Dort soll man zum Sonnenuntergang bei Ebbe und Flut jeweils mit viel Glück Wale oder Delfine beobachten können. Der Aussichtspunkt befindet sich bei einem Leuchtturm hoch oben auf den Klippen, die ins Meer stürzen. Leider verfahren wir uns auf dem Hinweg ein wenig, was dazu führt, dass wir mit der knapp bemessenen Zeit dort ankommen, als es fast dunkel ist. Wir können trotzdem noch ein wenig vom restlichen Sonnenuntergang beobachten. Delfine oder Wale sehen wir leider keine mehr an diesem Abend. Wir verweilen noch ein wenig am Chanonry Point und brechen dann zur nächsten Unterkunft auf. Die liegt in Aviemore, also südlich von Inverness im Cairngorms Nationalpark. Im Dunkeln fahren wir also nach Aviemore und steuern das Macdonald Highland Hotel an, einem Hotelkomplex, der im Winter vor allem von Skifahrern genutzt wird, die im Nationalpark Wintersport betreiben wollen. Das Hotel hat ähnlich einem Centerpark alles Mögliche zu bieten und ist entsprechend teuer. Auf unserer Reise ist diese eine Nacht, die wir dort verbringen, die teuerste. Leider glänzt das Hotel sonst nicht mit vielen Vorzügen. Die Zimmer wirken auf uns absolut veraltet, heruntergekommen und teilweise dreckig. Die Fenster sind schwer zu öffnen und zu schließen und auf dem Flur riecht es sehr unangenehm. Zumindest die Betten sind bequem. Wir gönnen uns den Rest unseres Proviants, den wir für den Abend aufgehoben hatten und sind nach über 23 Kilometern Fußweg an diesem Tag auch recht schnell in den Betten. Für den nächsten Tag haben wir noch keinen genauen Plan. Es liegen ein paar mögliche Ziele auf dem Weg zu unserem nächsten und damit auch letzten Aufenthalt in Dunkeld. Beim kommenden Frühstück wollen wir zusammen entscheiden, wie wir den Tag gestalten.

Nächster Bericht: Schottland 2019 – Von Edinburgh nach Inverness und zurück - Teil 5 – Aviemore und Dunkeld
Weitere Schottland 2019-Berichte: Teil 1, Teil 2, Teil3


WorringenPur.de/07.02.2022
Bericht & Fotos: Sarah Matschkowski
Redakt. & digit. Bearbeitung: Matschkowsi