Serie: WorringenPur unterwegs …
Indien - Abenteuer und Faszination Teil I (1. & 2. Tag)
Ein Erlebnisbericht von Ralf Mildenberg
Fotos zum Vergrößern!

Indien. Das mit über 1,2 Milliarden Einwohnern zweitbevölkerungsreichste Land der Erde. Es gibt weit über 100 verschiedene Sprachen. Ein einzigartiges Land von Menschen, Kultur und Landschaft. Lesen und hören kann man darüber viel, aber man muss es einfach mal in der Realität erlebt haben, um all den Erzählungen Glauben schenken zu können.
Somit stand der Plan Ende Januar 2012 eine Rundreise mit Freunden durch den Norden Indiens zu unternehmen. Nicht etwa mit einer im Reisebüro gebuchten Tour, wo man in teure Touristenunterkünfte und Restaurants gefahren wird, sondern auf eigene Faust! Das wahre Indien erleben! Unterkünfte wurden nur für die größten Städte wie Delhi, Varanasi und Mumbai im Voraus gebucht. Die Reiseroute stand fest. Aber alles andere sollte sich vor Ort ergeben. 21 Tage Abenteuer und Erholung. Und es ist erstaunlich, wie viel man in dieser kurzen Zeit erleben kann! Man weiß einfach nie, was einen als nächstes erwartet. Wir möchten euch nun an unserer Reise und der Faszination Indiens teilhaben lassen.


Der 1. Tag in Delhi (11 Millionen Einwohner)

Um 04:00 Uhr in der Früh landete unser Flieger in Delhi, der zweitgrößten Stadt Indiens. Vor dem Flughafen empfing uns unser Fahrer Rajiv vom Unternehmen Kalka Traveling. Das Gepäck wurde verladen und wir fuhren zu unserem vorgebuchtem Hotel. In Indien herrscht Linksverkehr und das ist zu Beginn doch recht gewöhnungsbedürftig. Um diese Uhrzeit ist es in Delhi noch relativ ruhig und entspannt, jedenfalls was den Verkehr betrifft! Wie der wirkliche Indische Verkehr aussieht, sollten wir in den kommenden Tagen noch genug erfahren!
Auf dem Weg zum Hotel konnten wir die Umgebung schon ein wenig auf uns wirken lassen. An den Straßenrändern sah man immer wieder Menschen, die sich an kleinen Lagerfeuern aus Müll Chai (Nationalgetränk Indiens) kochten.
Das Hotel lag in einer Seitenstraße, welche man in Deutschland wahrscheinlich noch nicht mal bei Tageslicht betreten hätte! Es kam einem fast so vor wie in der Nachkriegszeit. Zerstörte Häuser, unglaubliche Stromkabelkonstruktionen (wenn man das sieht, dann weiß man auch, warum in den Städten immer wieder mal gern der Strom für längere Zeit weg ist!) und natürlich überall Müll!

Im Hotel war alles dunkel. Doch schnell wurden 3-5 Inder, welche auf den "Couches" in der Hotel Lobby geschlafen hatten, geweckt, um uns einzuchecken. In Deutschland würde eine einzige Person reichen, um 6 Personen in ein Hotel einzuchecken. Nicht aber in Indien. Dort sind an diesem Vorgang gerne mal bis zu 5 Personen beteiligt und jeder einzelne von ihnen scheint auf den ersten Blick ein wichtiger Bestandteil dieses Vorganges zu sein. Es kommt einem recht unstrukturiert und chaotisch vor. Man fragt sich, ob die Angestellten überhaupt wissen, was sie da tun! Vor allem, wenn man früh morgens nach einem langen Flug mit wenig Schlaf einfach nur aufs Zimmer möchte, um sich ein wenig frisch zu machen!
Die Zimmer sahen auf den ersten Blick ganz nett aus. Wobei man sagen muss, Hotels bzw. Restrooms in Indien sind nicht gleich zu setzen mit dem, was wir aus Deutschland, bzw. dem Europäischen Raum kennen! Der Standard ist hier, vor allem im hygienischen Bereich, bei weitem anders! Es war sehr interessant, dass in unserem Hotelzimmer ein Fenster eingebaut war, obwohl es direkt an einer Mauer des nächsten Gebäudes grenzte ... Sonnenlicht und Frischluftzufuhr waren somit nur begrenzt gegeben.
Die Angestellten brachten uns auf Wunsch eine Tasse Chai. Unseren ersten Chai! Der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig, aber dennoch interessant. So besteht Chai aus den Grundzutaten Schwarztee, Honig, Milch und diversen Gewürzen wie Kardamom, Ingwer, Lorbeerblätter und Nelken. Chai gibt es in verschiedenen Variationen, so dass jeder Chai, den man in Indien bekommt wieder ein wenig anders schmeckt.

Da wir erst um 09:00 Uhr mit unserem Fahrer verabredet waren, nutzten wir die Zeit, um eine Runde um den Häuserblock zu gehen. Für die

Inder sind Menschen mit Europäischer Abstammung, also mit weißer Hautfarbe, wohl eher eine Seltenheit. Entsprechend zieht man Blicke und Handykameras wie einen Magneten an. Aber Inder schauen nicht mal eben nur kurz, sie gaffen förmlich! Sie scheinen in der Hinsicht keine Privatsphäre oder Schamgefühl zu haben, dich minutenlang unentwegt anzustarren und nebenbei noch Fotos von dir mit ihren Handykameras zu machen. Verwunderlich ist vor allem, dass jene Inder, welche mit Auto, TukTuk, Ritschka oder Motorrad unterwegs gewesen sind, ebenfalls für viele Sekunden ihre Blicke nicht mehr auf den chaotischen Straßenverkehr, sondern auf uns richteten und dabei noch nicht mal einen Unfall bauten!


Gegen Abend fuhren wir noch zum roten Fort. Das rote Fort ist eine Festungs- und Palastanlage und wurde zwischen 1639 und 1648 für den Mogulkaiser Shah Jahan erbaut. Seit 2007 zählt es zum UNESCO-Weltkulturerbe. Leider konnten wir uns das Fort aus Gründen der Öffnungszeiten nur noch von außen anschauen.

Unser Abendessen genossen wir im HardRock Cafe Delhi. Pommes, Burger und ein kühles Bier. Das HardRock Cafe hatte seine Lage mitten in einer Shoppingmeile wie wir sie aus Deutschland kennen. Geschäft an Geschäft. Bei dem Essen und der Umgebung, da fühlt man sich doch schon fast wieder wie daheim!

Alkohol kann man in Indien ausschließlich in den „Wineshops“ und ganz selten in Restaurants kaufen. Und dies kann mehr als abenteuerlich sein! Der Shop sieht, so wie die meisten indischen Verkaufsläden, wie eine Garage aus. Häufig ist der Eingang auch noch vergittert, so dass man die Transaktion Geld gegen Alkohol nur durch eine im Gitter vorhandene kleine Öffnung vollziehen kann. An dieser Öffnung drängelt sich nun alles, da in Indien hinten anstellen wohl nicht jedermanns Sache ist. Wer am lautesten schreit und am aufdringlichsten ist, der wird als erstes bedient! Da sich an Wineshops leider auch viele Alkoholkranke und dazu noch arme Inder aufhalten, sind wir  aus Sicherheitsgründen mit 2 Personen zum Wineshop gegangen. Einer, der das Geld bezahlt und die Ware an sich nimmt, während der andere darauf achtet, dass einem niemand in die Taschen greift. Leider ist es nicht möglich, wenn man selbst von rechts von einem Bettler/Dieb bedrängt wird, auch noch auf die Taschen des anderen zu achten. Somit ging die erste Rangelei schon an der Verkaufstheke los, weil uns jemand in die Taschen griff.
Nachdem wir unsere Bierflaschen hatten, ging bei einer zweiten Rangelei ein diebischer Inder zu Boden. Dass ihm dies wohl leider nicht so gut gefallen hat, stellten wir fest, als wir aus dem nächsten Laden wieder raus kamen und er uns wild gestikulierend mit einer Art langen Machete erwartete. Der Fahrer stand zum Glück in der Nähe, so dass wir schnell ins Auto flüchten konnten! Seit dem Tag sind wir nur noch zu dritt zum Alkoholkauf gegangen! Einer hatte das abgezählte Geld in der Hand, einer nahm die Ware an sich und einer der hinter allem stand und wie ein Security auf die fremden flinken Finger der anderen aufpasste. Diese Taktik hat sich im Verlauf der weiteren Reise definitiv bewährt!

Mit einem hart erkämpften, aber kühlem Bier ging unser erster Tag in Indien zu Ende.

2. Tag (Fahrt von Delhi nach Jaipur)

An wirklichen Schlaf war in dieser Nacht eigentlich nicht zu denken. Dort wo sich Inder befinden, ist es in der Regel auch laut … Tag und Nacht! Inder haben auch kein Problem damit zu den denkbar unglaublichsten Zeiten einfach an deinem Hotelzimmer zu klingeln. Jaaa … unsere Hotelzimmer hatten Klingeln … bevorzugt befanden sich diese natürlich direkt neben dem Bett!!! Welch einen wahnsinnigen Schock man mitten im Schlaf bekommt, wenn jemand klingelte, das brauche ich wohl nicht zu erwähnen! Den Aufschrei einer Freundin konnte man wohl durch den gesamten Gebäudekomplex vernehmen!

Gefrühstückt wurde in einem eigentlich recht trostlosen Gemeinschaftsraum. Mehrere Inder bemühten sich uns nach unseren Wünschen zu bedienen. Es gab Toastbrot, Marmelade (nicht zu vergleichen mit der Deutschen Marmelade und unglaublich süß!!!), Pickles (eine Art Mangopastete und für meinen Geschmack zu sehr Essiglastig.), Eier und Omelette.

Nach dem Frühstück wurde unser Gepäck im und auf dem Auto verladen. 2 Große Reiserucksäcke wurden mit einer einzigen dünnen Kordel auf dem Dach befestigt und man stellte sich die Frage ob das, gerade bei den Indischen Straßenverhältnissen, halten mag!
Im Auto wurde dann, wie ab nun nach jedem Essen, der Magen mit Alkohol gereinigt. Whiskey, Raki, Rum… all das was Bakterien tötet! Lecker war das nicht unbedingt, aber es galt ja auch dem rein Medizinischen Zwecke.
Wenn man in Indien nicht selbst fahren muss, dann ist die Fahrt mit dem Auto eigentlich recht entspannt. Man bekommt sehr viel von der Landschaft und den Menschen zu sehen. Große Senffelder und leichtes Gebirge.
Viele Inder tragen rein praktische Kleidung. Diese ermöglicht es ihnen überall und jederzeit ihre Geschäfte zu erledigen. So ist es keine Seltenheit, dass am Straßenrand einige Inder hocken. Der Verkehr oder vorbei gehende Menschen scheinen ihnen dabei völlig egal zu sein.
Ebenfalls sahen wir die ersten Kamel-Karren auf dieser Tour und die heiligen Kühe, welche am Straßenrand

gemütlich den Müll nach fressbarer Pappe durchwühlten. Die Kühe kann man in Indien sogar mit Pappe füttern… sie nehmen es sehr dankend an!

Die Fahrt bis nach Jaipur dauerte, mit ein paar Zwischenstopps für Verpflegung, bis zum späten Mittag. In Jaipur ging es dann auf die Suche nach einem geeigneten Zimmer für uns. Gar nicht so einfach! Es gibt vermutlich hunderte Hotels in dieser Stadt, aber auch das richtige zu finden, das man sagen kann, wir zahlen nicht zu viel, aber haben auch nicht das schlimmste Zimmer der Stadt zum Schlafen, das dauert!
So zogen wir von Restroom zu Restroom, schauten uns die Zimmer an und feilschten um den Preis. Nach langer Zeit, aber noch im Hellen, hatten wir eine angenehme Unterkunft gefunden. Sogar einen Hotelpool gab es, welchen wir allerdings nicht benutzten. Hier hatten wir die Möglichkeit auf den höchsten Punkt des Hoteldaches zu klettern. Sicherung gab es keine. Wir standen auf einer ca. 2 x 2 Meter großen Fläche ohne Geländer. Zu einer Seite ging es gute 30 Meter steil nach unten, allerdings hatten wir nun einen wunderschönen Ausblick auf die gesamte Stadt. Soweit das Auge reichte, sah man nur Stadt.

Auf unseren Wunsch fuhr uns unser Fahrer zu einem Restaurant, wo wir Thali, ein typisch Indisches Gericht, probieren wollten. Thali besteht aus mehreren kleinen Metallschälchen, die Gemüse, Fleisch, Reis und kleine Beilagen wie Dal, Puri, Pickle und Joghurt enthalten. Dazu wird Chapati oder Naan (eine Art Fladenbrot aus Mehl und Wasser) serviert. Geschmacklich von süß bis scharf. Das ganze kann man dann untereinander mischen, um diverse Geschmäcker zu erzielen.

An diesem Abend entschlossen wir uns dazu unsere Getränke auf dem Gelände unserer Restrooms zu kaufen. Gemütlich auf der riesigen Terrasse vor unseren Zimmern genossen wir die Ruhe und das kühle Bier.

Im nächsten Teil unserer Reise: Ein Tag in Jaipur…


WorringenPur.de/29.05.2012
Bericht und Fotos: Ralf Mildenberg
Redakt. & digit. Bearbeitung: Matschkowski