Im Rahmen unserer Reiseserie: “WorringenPur unterwegs”
berichtet Manfred Schmidt von seiner
Reise zum Dach der Welt - Abenteuer Himalaya (Teil 2)
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Sehenswertes im Kathmandu Valley
Mittwoch, 20. Februar 2013: Heute startete die Bergwanderung zu den heiligen Seen von Gosainkund  (4.420 m) und weiter über den Laurebina-Pass (4.600 m) ins Sherpa-Land Helambu. Die Gebirgshöhen von Manaslu (8.163 m) und Annapurna (8091 m) würden die

Szenerie dominieren. Je länger die Trekkinggruppe allerdings im Tiefschnee umherzog, desto stärker kamen Zweifel auf, den Laurebina-Pass überqueren zu können. Die dünne Luft stellte außerdem ihre Willenskraft und körperliche Stärke schon bei den kleinsten Anstrengungen auf harte Proben. In der Lodge von Shin Gompa (3.330 m) angekommen, entschied der Trekkingführer zur Rückkehr am nächsten Tag nach Syafrubesi, dem Ausgangsort unserer Trekkingtour. Ein Überqueren des Laurebina-Passes war wegen beträchtlicher Schneeverwehungen zu gefährlich bzw. unmöglich geworden.


Freitag, 22. Februar 2013: Busfahrt zurück nach Kathmandu. Nach Tagen im Himalaya-Gebirge freuten wir uns wieder auf eine warme Dusche und ein richtiges Bett. Infolge des wetterbedingten Abbruchs unserer Trekkingtour unterbreitete der Trekkingführer nach dem Abendessen die Alternative, entweder ab Samstagmorgen eine dreitägige Wanderung durch das Bergbauernland Helambu verbunden mit einer abschließenden Besichtigungstour in Kathmandu und Umgebung zu unternehmen oder direkt an einer nachhaltigen Besichtigungstour im Kathmandu-Valley teilzunehmen. Ich entschied mich für die unmittelbare Besichtigungstour.

Die Besichtigungen umfassten derart viele Eindrücke, dass nur eine Auswahl nachfolgend wiedergegeben werden kann. Wir gingen unmittelbar von hinduistischen in buddhistische Viertel, jedes mit seinen eigenen Erinnerungen und der Last des kulturellen Erbes.


Patan, offiziell Lalitpur

Die „Stadt der Schönheit“, nur durch den heiligen, gleichwohl verseuchten Bagmati-Fluss von Kathmandu getrennt und somit deren Zwillingsstadt, verzaubert mit buddhistischer Kunst und Kultur sowie dem schönsten Durbar Square. Er wirkt durch zwei zierliche  Krishna-Tempel verspielter, im Hintergrund erblickt man den Himalaya. Der Palastplatz liegt in der weitgehenden autofreien Altstadt, umgeben von einem Gassengewirr. Im alten Königspalast befindet sich eines der schönsten Museen Asiens. Patan blickt auf eine lange buddhistische Tradition zurück. Schräg gegenüber dem Tempel Ratnakar Mahabahal hat in einem Bahal (Klosteranlage, die um einen Innenhof gebaut ist) die Kumari ihren Wohnsitz, ein jungfräuliches Mädchen, die als Inkarnation Talejus (Hausgöttin der Malla

-Dynastie von Kathmandu) angesehen wird. Sie wird im Alter von zwei bis vier Jahren auserkoren und darf noch keinen Tropfen Blut verloren haben. Zu den Aufgaben der Kumari gehört der Empfang von Gläubigen oder sonstigen Besuchern, die um eine Audienz gebeten haben. Außer der Kumari von Kathmandu darf sie jedoch fotografiert werden. Hat die Kumari ihren ersten Tropfen Blut verloren - meist durch die erste Menstruation - ist ihre Zeit als „lebende Mädchengöttin“  vorüber, eine neue muss dann auserwählt werden.



Dhulikhel
Der Ort, etwa 30 Kilometer von Kathmandu außerhalb des Tals an der Straße nach Tibet auf 1.650 m Höhe entfernt, ist eine Kleinstadt, von der sich faszinierende Ausblicke auf den Himalaya bieten.  Den Mt. Everest kann man allerdings nur als Winzling entdecken, aber man wird durch andere Sieben- und Achttausender entschädigt.


Panauti
Die altertümlich wirkende Kleinstadt liegt am Zusammenfluss von Rhoshi Khola und Punyamati Khola. Solchen Zusammenflüssen wird oft

mystische oder religiöse Bedeutung zugeschrieben, und so ist es nicht verwunderlich, hier umfangreiche Tempelanlagen vorzufinden. Sie soll schon vor über 1.400 Jahren gegründet worden sein, und aufgrund ihrer Lage an einer wichtigen Handelsroute war die Kleinstadt einmal eine blühende Handelsstadt. Die Tempelanlagen und die sie umgebende Natur mit den beiden Flüssen ergänzen sich zu einem sehr gefühlsbetonten, pittoresken Bild - die Stadt wirkt teilweise, als wäre die Zeit stehen geblieben.


Swayambhunath
Auf einem Hügel der Stadt beobachten die „alles sehenden Augen Buddhas“ vom Stupa aus das Kathmandu-Tal. Der älteste Stupa Nepals hat unter Buddhisten den gleichen Stellenwert wie Pashupatinath (Pashupati) für die Hindus. Wie in Pashupati toben hier wilde Rhesusaffen durch die zahlreichen Heiligtümer, Tempel, Chorten und Klöster. Die Stimmung rund um den Stupa sucht ihresgleichen.


Dienstag, 26. Februar 2012: Vormittags besuchte die Trekkinggruppe die heiligsten hinduistischen Tempeln mit Feuerbestattungen am Ufer des Bagmati-Flusses in Pashupati, anschließend die größte buddhistische Stupa Nepals in Bodnath und tauchten tief in die Welt der Religionen Asiens.
In Pashupati befinden sich die wichtigsten Hindu-Tempel Nepals. In dieser großen Tempelanlage strömen Hindus aus ganz Südasien zusammen. Darunter finden sich viele Pilger und „sadus“ (Asketen, Wanderheilige), die dem weltlichen Leben komplett entsagt haben. Sie tragen lange Bärte, zum Teil wilde Haartrachten und sind in safrangelbe Tücher gehüllt. Das Innere des Haupttempels ist nur für Hindus zugänglich, aber es gibt in der großen Ansammlung von Tempeln, Schreinen, „lingams“ (Shiva als Phallussymbol), Statuen, „dharamsalas

(Pilgerunterkünften) und „ghats“ (Verbrennungsplätzen am Flussufer) genug anderes zu sehen. Von der Anhöhe aus auf der anderen Flussseite des Bagmati kann man dem rituellen Kult der Hindus zuschauen. Die hier befindlichen vielen kleinen Shiva-Tempel sind zu Ehren der Ehefrauen errichtet worden, die einst „sati“ vollzogen, sich also mit ihrem verstorbenen Mann bei lebendigem Leib verbrennen ließen, um dem traurigen Schicksal als Hindu-Witwe zu entrinnen. In Nepal werden derartige Fälle heute nicht mehr registriert, in Indien kommen sie jedoch bisweilen noch vor.

In Bodnath, das die Einheimischen „Boudha“ nennen, tauchen wir in eine andere Welt ein, man befindet sich mitten in „Klein-Tibet“. Von morgens bis abends umkreisen gläubige Buddhisten den fast 40 Meter hohen Stupa, unablässig das Mantra (Gebetsformel) „Om mani padme hum“ („O du Edelstein im Lotos“ - Om und hum sind mystische, bis heute nicht enträtselte Silben) rezitierend und die Gebetsmühlen im Sockel des Bauwerks drehend. Rund um den Stupa offerieren zahlreiche Läden tibetanische Souvenirs.


In Kathmandu, im Stadtteil Thamel, lud das Garden Restaurant „Dechenling“ anschließend zu willkommener Rast. Zur Abwechslung boten sich tibetische oder - in einem weit größeren Maße - indische Gerichte an. Ich bestellte „momo“, eine gedämpfte Gemüseravioli, und trank genüsslich eine eiskalte Cola.

Nachmittags besichtigten wir die Königsstadt

Kathmandu, früher Kantipur, unter fachkundiger Leitung eines deutschsprechenden Führers. Die Stadt ist rund 1.000 Jahre alt, aber das Gebiet war schon früher besiedelt. Hauptattraktion sind die alten Teile der Stadt mit ihrer reichen Newar-Kunst und -Architektur. Besonders auffallend: die Tempel und mehrstöckigen Wohnhäusern aus Ziegeln und kunstvoll geschnitztem Holz, die, durch Innenhöfe miteinander verbunden, wie Bienenwaben aneinander kleben. Eine Besonderheit sind die alten Klosteranlagen, die auf Newari „bahal“ heißen, die nahtlos mit den Wohnbereichen verbunden sind. Ihre Bewohner, „bhiksu“ (Mönche) und

„bhiksunis“ (Nonnen), leben dort seit dem 13. Jahrhundert mit ihren Familien. Die Bahals mit den ihnen eigenen Regeln bestehen nach wie vor und bilden das Skelett der buddhistischen Gesellschaft. Die zahlreichen Tempel, Paläste und Pagoden und das lebhafte Treiben in den Basarvierteln waren beeindruckende Zeugnisse einer Stadt zwischen Mittelalter und Moderne. In der Neustadt von Kathmandu finden sich leider überwiegend hässliche Betonbauten, Verkehrschaos mit konzentriertem Smog und umfangreiche nicht beseitigte Abfälle auf den Straßen.


Am Abreisetag, den 27. Februar 2013 wurde uns vormittags freigestellt, die Königsstadt Patan nochmals zu erkundigen. Hoch über den

Dächern der Altstadt nahmen wir im „Café de Tempel“ am Durbar Square voneinander Abschied. Die wilde Erhabenheit der Bergriesen, die unendlich scheinende Weite von Geröll- und Schneewüsten, die unverkrampfte Natürlichkeit der Nepalesen und die großartigen Monumente jahrtausend alter Kulturen waren für uns unvergessliche Erlebnisse und unauslöschliche Eindrücke. Es war eine phantastische Reise, die ich mit großartigen, wundervollen Mittrekkern und den nepalesischen Begleitern Janak, Jangbu, Ram sowie Sherpa-Trägern erleben durfte.

Schließen möchte ich mit einem Zitat von Reinhold Messner, einer der größten Alpinisten: „Ich klettere nicht einfach auf die Berge, um ihre Gipfel zu bezwingen. Ich stelle mich vielmehr absichtlich außergewöhnlichen Situationen, damit ich lerne, mich mit meinen innersten Gefühlen auseinander zu setzen.“


WorringenPur.de/06.05.2013
Bericht und Fotos: Manfred Schmidt
Redakt. & digitale Bearbeitung: Matschkowski