Japan 2017 – Kansai und Tokio – Teil 5
Osaka: Tag 3 Universal Studios Park & Nightbus, Tokio: Tag 1 Anreise & Shopping
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Die Abreise aus unserer Unterkunft gestaltet sich schnell und reibungslos. Das Wetter ist nach zwei Tagen Regen wieder freundlicher und so schillert uns die kleine, bunte Säule, die den Friseursalon neben uns mit "Dandy Salon" bewirbt diesmal im Sonnenschein entgegen. Wir steuern den Hauptbahnhof in Osaka an. Da es diesmal nicht aus Eimern gießt, ist der Weg zum Bahnhof deutlich angenehmer als noch während der Anreise.

Mittlerweile finden wir uns recht schnell in den Bahnhöfen zurecht. Die Bahnverbindungen sind unglaublich gut ausgebaut und die Bahnhöfe zwar brechend voll, aber sowohl die Gebäude, als auch die Züge selber, die Restaurants und Toiletten beachtlich sauber. Man muss lediglich immer wieder aufpassen nicht von einer Flut Pendler, die aus einem Zug stürzt, mitgerissen zu werden. Vor allem  die Züge sind pünktlich und kommen in einer sehr kurzen Taktung hintereinander weg, sodass man sich gar nicht überschlagen muss, um den Zug zu bekommen. Die Bahnstation "Universal-City" bringt uns praktisch beinahe vor die Tore des Parks. Die Treppe rauf findet sich eine Art Einkaufsstraße, die rechts und links von auffällig bunten Stores und Shops gesäumt ist. Sogar ein Kino befindet sich darunter. Wir machen außerdem einen Shonen-Jump Shop aus. In diesen Shops kann man Manga und Fanartikel erstehen, die zu den Comic-Reihen gehören, die monatlich in dem Sammelband "Shonen Jump" erscheinen. Zunächst einmal steuern wir die Kofferschließfächer an, die zum Park gehören. Uns ist schon ein wenig Angst und Bange, denn immerhin hatten wir zwei Tage zuvor am Bahnhof von Osaka kein Schließfach mehr bekommen und mussten aufgrund dessen die Wartezeit auf den Einlass in unsere Unterkunft stumpf absitzen, anstatt in der Zwischenzeit gemütlich etwas bummeln zu gehen. Die Schließfächer sind diesmal zum Glück noch nicht gänzlich belegt. Wir bekommen für 500 Yen jeder einen großen Tresor. Die Münzeinwurf-Schließfächer sind auch immer mit einem nahegelegenen Münzwechselautomaten ausgestattet.

Osaka Eingang Uinversal Studios ParkNachdem unsere Koffer verstaut sind, machen wir uns auf den Weg zum Parkeingang und sind zur Eröffnung um 10 Uhr dort. Allerdings befindet sich schon eine recht große Menschenmasse vor den Kassen und so müssen wir noch knappe 40 Minuten anstehen, bevor wir überhaupt rein kommen. Für 3800 Yen (umgerechnet knapp 30,00 €) erhalten wir unsere Tickets.

Der Park ist gleich zu Beginn total aufregend. Wie in jedem anderen Park werden wir am Eingang von dem überlauten Medley beschallt und die Besuchermassen verteilen sich langsam auf die Themengebiete. Wir wissen, dass Osaka UP Beverly Hills-Eingangwir höchstwahrscheinlich nicht genügend Zeit haben werden, um den Park in seiner Gesamtheit in aller Ruhe zu besichtigen, also suchen wir zuerst gezielt die Themengebiete auf, für die wir hergekommen sind. Der Eingangsbereich führt uns zunächst unter einer großen Glaskuppel hindurch, einem Teil des
"Beverly Hills" Themenbereiches, unter der sich ein wenig -wie im klassisch-neumodernen Amerika- die Häuser- und Straßenfassaden auftürmen. An einer Straßenecke machen wir einen großen Fanartikel-Shop aus, der sich gänzlich um die Thematik "Harry Potter" dreht. Natürlich müssen wir da rein. Die Preise hauen uns zunächst nicht nur aus den Schuhen, sondern aus den Socken gleich dazu. Aber gucken kostet ja nichts und so stöbern wir ein wenig und setzen dann unseren Weg fort.

Vorbei an unterschiedlichen Cafés begegnen wir mitten auf der Straße einem Umzug mit Monstern aus der Sesamstraße. Als ich bemerke, dass einige der Besucher auffällig kostümiert sind (also nicht nur gruppenspezifische Bekleidung tragen, um sich in der Menge wieder zu finden), wird mir bewusst, dass an diesem Sonntag, dem 30.10. in dem Freizeitpark schon ein
Halloween-Event stattfindet. Und natürlich wird sich da auch kostümiert. Bei dem Event handelt es sich übrigens um einen Zombiewalk. Was mich richtig gefreut hat. Nicht. Die anderen waren da mehr begeistert. Der Ausblick auf "Monsterfreie Zonen" hat mich dann aber so weit beruhigt, dass ich mich wieder voll und ganz den Attraktionen widmen konnte.

Osaka UP Harry Potter-EingangVorbei an "Mel's Drive-In", einem offensichtlichen, amerikanischen Diner, biegen wir ab und finden uns auf einem Weg wieder, der immer mehr den Eindruck macht, als würde man tiefer in einen Wald hineinlaufen. Von Weitem hören wir dann schon das altbekannte Harry Potter Medley und kurz darauf durchschreiten wir einen großen Torbogen, hinter dem sich der entsprechende Themenbereich eröffnet. Eine ganze Stadt, wie es scheint, die dem Osaka UP Hogwarts-ExpressDesign des Filmes nachempfunden ist. Sogar Shops und Läden, die Zauberartikel, Zauberstäbe und andere Grundausstattungen, die ein Zauberschüler benötigt, anbieten und sich so original im Film wieder finden. An einer Ecke hat der Hogwarts-Express gerade Halt gefunden, ein Zauberer gibt Kindern einen Zauberstab in die Hand und zeigt ihnen wie sie den Stab schwingen müssen, damit sich plötzlich Fensterläden öffnen und schließen und andere solcher Späße. Zwischen urigen, im wahrsten Sinne des Wortes schrägen Häusern steht mitten auf der Kopfsteinpflaster-Straße ein riesiges

Osaka UP Hogsmeade

Osaka UP Hogwarts

Fass, an dem man einen wirklich leckeren Krug Butterbier erstehen kann. Natürlich fehlt auch die "Eulenpost" nicht. Weiter die Straße hinab erkennt man alsbald auch schon Hogwarts, das mit hohen Türmen hinter den Dächern des Städtchens aufragt. Wir machen eine kleine Führung durch das Schloss mit und bewundern viele detailverliebte Anlehnungen an die Filme und Bücher. Vieles ist interaktiv und bewegt sich, es gibt überall etwas zu entdecken. Wir entscheiden uns dann gegen eine Fahrt mit der dazugehörigen Achterbahn, da die Wartezeiten sehr lang sind und wir auch gerne noch in Ruhe die Kulissen der anderen Themenbereiche besichtigen möchten.

Osaka UP Jurassic Park-EingangDen Themenbereich "Waterworld" müssen wir leider auslassen. Er ist gesperrt wegen des Taifuns, der uns schon in Kyoto die Bootsfahrt verhagelt hatte. Also bahnen wir uns unseren Weg zum nächsten relevanten T

Osaka UP Jurassic Park

Osaka UP Discovery-Restaurant

hemenbereich. "Jurassic Park". Auch hier ist die Kulisse wieder den Filmen nachempfunden. Eine Achterbahn schießt regelmäßig durch den Themenbereich über die Besucher hinweg und schlägt eine Drehung, einen Looping nach dem anderen. Da wollen wir drauf! … Vielleicht. Parkranger führen zwei Dinosaurier durch die Zuschauermenge, ganz offensichtlich zwei dieser verdammt coolen Dino-Suits, übergroße Puppen, die man wie Kostüme tragen kann, die allerdings mit Elektronik gesteuert und mit Soundeffekten ausgestattet werden können. Es ist später Mittag und

Osaka UP The Ride

Osaka UP The Ride Wasserfall

wir schlagen uns zunächst einmal in das "Discovery Restaurant ", das der Besucherhalle im Film nachempfunden ist. Bevor wir jedoch dort einkehren, entschließen wir uns erst eine Fahrt mit einer Wasserbahn zu unternehmen. Nicht, dass wir uns das gute Essen noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Die Bahn "Jurassic Park – The Ride" führt durch eine Versuchsanlage des Parks, in der ganz offensichtlich etwas schief gelaufen ist. Im Laufe der Fahrt wird dem Besucher bewusst, dass dort scheinbar Dinosaurier ausgebrochen sind. Anhand der Geräusche und Verwüstungen

Osaka UP Souvenir-Shop

Osaka UP Discovery-Restaurant

Osaka UP Discovery-Restaurant

kann man sie schnell als Raptoren enttarnen, die einem in Begleitung einiger Schreckmomente auf den letzten Metern der Fahrt begegnen. Bevor das Boot beinahe von einem T-Rex verschlungen wird, stürzt es den riesigen Wasserfall hinab. Wir werden dabei mäßig nass, denn wir waren so klug uns vorher unsere Regencapes über zu ziehen, die wir für den Urlaub mitgenommen haben. Das blöde Foto von der Abfahrt müssen wir auch unbedingt kaufen, dann stöbern wir im Souvenirshop und entschließen uns dann für einen Snack im Restaurant.

Das Essen hat ein tolles Preis-Leistungsverhältnis, man kann zwischen dem amerikanischen und dem japanischen Snack entscheiden und dann im Dino-Museums-Flair genießen. Wir stellen uns danach noch für die Fahrt mit dem Flugsaurier an, doch je mehr wir im Detail von der

Osaka UP Parküberblick

Osaka UP Beverly-Hills

Osaka UP Beverly-Hills

Fahrt und den Manövern sehen, desto mehr sind wir davon überzeugt, dass das vielleicht keine so gute Idee ist. Wir brechen ab und entschließen uns stattdessen für eine Fahrt mit der Attraktion im Themenbereich "Beverly Hills". Dort ist die Wartezeit angeblich nicht so lange. Wir stehen dann aber doch beinahe eine Stunde an, bis man bei einem unserer Begleiter feststellt, dass er für das Fahrgeschäft zu groß ist. Davon etwas geknickt überredet er uns trotzdem zu fahren, da wir schon so lange gewartet haben. Wir warten dann allerdings beinahe noch einmal eine Stunde, bis es dann losgeht. Die Fahrt ist rasant und adrenalinfördernd, hat aber trotzdem ein wenig was von einer Limousinen-Fahrt durch Beverly Hills. Danach bleibt uns noch ein wenig Zeit und wir entscheiden uns den Themenbereich "Jaws" zu besuchen bei dem das Fahrgeschäft noch offen ist.

Hier müssen wir kaum anstehen. Über Holzpiere wird man letztendlich in ein Bötchen geladen. Die nette Dame, die den Kapitän spielt, ruft fröhlich etwas ins Mikrofon und ihre Stimme erschallt über Lautsprecher. Sie spricht Japanisch, ich verstehe kein Wort. Die Japaner antworten mit einem einheitlichen Ruf und winken. Eine Begrüßung also. Der Kontext gibt her, dass wir uns auf eine Bootstour begeben werden. Plötzlich erhält die Dame über Walky Talky einen recht aufgebrachten Hilferuf wie es scheint. Sie wird selber sehr aufgeregt, am anderen Ende der Osaka UP JawsLeitung hört man Schüsse und einen Knall, dann Funkstille. Die Japaner hinter und neben uns schreien. Unsere Tourführung spricht ein paar selbstsichere Worte zu uns, schnappt sich eine Schrotflinte und lädt sie. Dennoch hört man die Nervosität in ihrer Stimme. Dann setzt sich das Boot in Bewegung. Es dauert nicht lange, da finden wir ein verunglücktes Tourboot. Im Wasser bewegt sich etwas, da steigen Luftblasen auf, etwas rammt unser Boot, alle schreien. Die Tourführerin ruft etwas, da taucht ein Hai aus dem finsteren Wasser auf, denn mittlerweile ist es dunkel draußen geworden. Der Hai schnellt auf das Boot zu, die Dame mit der Flinte schießt zwei Mal ins Wasser und daneben, es knallt, es raucht, das Wasser spritzt auf, der Hai dreht ab. Alle jubeln, wir fahren weiter. Noch weitere zwei Mal überleben wir die Angriffe des Hais, während wir schreien und unsere Beschützerin anfeuern und bejubeln, dann laufen wir sicher am Pier an und können evakuiert werden. Ein riesen Spaß für eine auf den ersten Blick so unscheinbare Fahrt.

Osaka UP Mels-Die-In

Osaka UP Nachts im Park

Wir bewegen uns langsam Richtung Ausgang, denn mittlerweile ist es Abend. Das Diner "Mel's Drive-In" hat sich plötzlich ein wenig gewandelt. Die Leuchtreklame ist zum Teil ausgefallen. Auf einmal steht da "Mel's DIE IN". Plötzlich ertönen von allen Seiten seltsame Geräusche und dezent schaurige Musik. Von irgendwoher hört man Leute schreien. Der Zombiewalk hat begonnen, ich werde ein wenig nervös. Ich lasse mich

Osaka UP Zombiewalk

Osaka UP Park Ausgang

überreden den Zombiewalk aus sicherer Distanz zu betrachten und nachdem wir genug gesehen haben verlassen wir den Park durch den Eingang durch den wir gekommen sind. Wir decken uns mit Snacks beim Family Mart um die Ecke ein und essen ein schnelles Abendbrot, bevor wir im Shonen Jump Shop stöbern und shoppen gehen. Nach unserer kleinen Einkaufstour begeben wir uns zu unseren Schließfächern. In einer knappen Stunde geht unser Bus nach Tokyo, es ist beinahe 21 Uhr. Wir packen mehr oder minder auf offener Straße unsere Koffer um, verstauen die Einkäufe und ziehen uns auf der Toilette gemütliche Bekleidung an.

Der Bus erscheint pünktlich und wir können sofort einsteigen und es uns bequem machen. Im Nightbus dürfen wir pro Person nur ein Gepäckstück mitnehmen, weshalb wir unsere beiden Koffer vorerst noch ineinander gestapelt lassen müssen. Zumindest bis wir in Tokyo angekommen sind. Ab da können wir alle Einkäufe (die hauptsächlich erst in der Hauptstadt anstehen) und Gepäcksachen auf zwei Koffer verteilen. Den "Nachtbus" mussten wir vorab für umgerechnet knapp 35,00 € buchen. Er war etwas teurer als die anderen Unternehmen, da dieser eine Toilette besaß und sowohl Frauen als auch Männer dort mitfahren durften. Getrennt oder ohne Toilette wollten wir die 8 Stunden Fahrt nicht antreten. Der Vorteil eines Nachtbusses ist offensichtlich. Man spart sich eine Nacht im Hotel und hat einen Tag mehr, den man für Ausflüge verwenden kann, anstatt ihn mit dem Pendeln von einer Stadt in die andere zu verschwenden. Im Nachtbus stehen uns Einweghausschuhe, eine Einwegdecke und ein Kissen zur Verfügung. Es ist alles ein wenig eng, aber man kann die Sitze zurückstellen. Alles in allem okay. Ich hätte vermutlich zumindest annähernd ausreichend Schlaf  bekommen, wenn der Bus nicht so gnadenlos überheizt gewesen wäre. Das Thermometer zeigt knappe 28 Grad stehende Luft an. Während wir also irgendwann in einem Delirium ähnlichen Zustand für die nächsten acht Stunden im eigenen Saft gegart werden, nähern wir uns der Hauptstadt Japans.

Ich glaube, wir waren den vier weiteren Gästen in diesem Bus, der sonst wie leer gefegt war, viel zu laut. Jedenfalls setzt sich das japanische Pärchen irgendwann ganze fünf Reihen weiter nach vorne. Ich ziehe mich bis aufs T-Shirt aus und wünsche mir, ich hätte einfach meine Pyjamahose anstatt der dicken Jogginghose angezogen. Dazu kommt die halb liegende Position auf dem Sitz. Ebenso wie im Flugzeug tut mir irgendwann schrecklich der Rücken weh, aber diesmal kann ich mich etwas freier auf dem Sitz bewegen. Ich werde immer wieder mal wach, als der Bus Zwischenstopps auf dem Weg nach Tokyo einlegt. Zumindest kann ich den Sonnenaufgang beobachten.

Es ist kurz nach sechs Uhr morgens am 31.10., als wir in Tokyo ankommen. Nachdem wir unsere Koffer wieder haben, versuchen wir uns zu orientieren. Zunächst einmal wollen wir zu unserer Unterkunft für die nächsten Tage. Dem Kimi Ryokan. Dazu müssen wir nach Ikebukuro, einem Stadtviertel des Bezirkes Toshima, welcher zu Tokyo gehört. Dazu nehmen wir die jederzeit pünktliche Nahverkehrsbahn, in diesem Tokyo Ikebukuro WahrzeichenFalle den Local Train der
Yamanote und Oedo Linie. Diese Züge fahren einen Rundweg durch die Bezirke Tokyos in jeweils entgegen gesetzter Richtung. Dabei hat jede Haltestelle, neben der Anzeige und Ansage auf Englisch und Japanisch, ihren eigenen Jingle, damit das arbeitende japanische Volk, das sich im Zug scheinbar gerne ein Nickerchen gönnt beim Hören des Jingles sofort seine Haltestelle erkennt und Hals über Kopf aussteigen kann. Unser Weg vom Bahnhof aus ist dann gar nicht mehr so weit. Wir lassen uns Zeit und suchen im Bahnhof erst noch die steinerne Statue der Eulen, die das Wahrzeichen, viel mehr noch das Wappentier oder Maskottchen des Viertels darstellen. Nur wenige Gehminuten vom Bahnhof Ikebukuro entfernt finden wir unsere Unterkunft.

Etwas abgelegen in einer Seitenstraße (vorher kommen wir an einer Pinguinbar vorbei, in der es echte Pinguine zu geben scheint), die nicht allzu weit vom Schuss liegt, aber gerade eben noch so ruhig, dass man Nachts erholsam schlafen kann, liegt der Eingang zum Kimi Ryokan. Das Kimi Ryokan ist eine Art Herberge, in der größtenteils Ausländer wohnen, die für ein Work & Travel Jahr in Japan sind. Uns begegnen auf den Fluren hauptsächlich Deutsche, Engländer und Russen. Man steigt ein paar Stufen hinab in einen Hauseingang und betritt über eine Schiebetür einen Flur, in dem man sich die Schuhe ausziehen und gegen den Tausch von Hausschuhen, die man dort bekommt in einem Schuhfach deponieren kann. An der Rezeption bezahlen wir unser Zimmer. Der Herr spricht gut Englisch, was eine angenehme Abwechslung zu unseren bisherigen Aufenthalten bietet, obwohl wir die Sprachbarrieren auch dort recht gut überwinden konnten. Mit knapp 140,00€ pro Person teilen wir uns ein Zimmer von einer Größe gemessen an 8 Tatami Matten. Das bietet für fünf Personen und Gepäck spärlich Platz, reicht aber für den Aufenthalt zum Nächtigen und Zusammensitzen. Wirklich beisammensitzen soll man sowieso im Gemeinschafts- und Aufenthaltsraum der Herberge. Vor allem der Komfort ist hier für uns von den Unterkünften am besten. Die Zimmer sind optimal beheizt und die Tokyo IkebukuroLuftfeuchtigkeit gering. Es wird jeden Tag geputzt und die Betten gemacht. Wir müssen uns um nichts kümmern. Da wir allerdings bereits um kurz vor acht Uhr da sind und Check In erst ab 12 Uhr ist, können wir unser Zimmer noch nicht beziehen. Man erlaubt uns, dass wir unsere Koffer zwischenlagern und uns in dem Gemeinschaftsraum der Herberge, der an einer kleinen Selbstversorgerküche grenzt niederlassen. Dort treffen wir auf einige andere Gäste und überlegen was wir mit dem Tag anfangen. Wir sind wirklich sehr müde, aber die Neugierde und die Aufregung halten uns wach. Es ist zwar Halloween, aber von den Feierlichkeiten, die wir online finden reizt uns nichts. Also entschließen wir uns dazu ein wenig shoppen zu gehen. Immerhin gibt es in Ikebukuro genügend Shoppingmeilen, vor allem auch für Merchandise der westlichen Unterhaltungsszene, sowie Anime, Manga, Cosplay, Lolita und andere Stilrichtungen.

Wir schlagen uns Richtung Pinguin Bar und steuern mit der Hilfe unseres
Pocket Wifis, das wir vor dem Urlaub bei einem Anbieter in Japan angemietet haben einige Shopping Straßen an. Mit den beiden Pocket Wifis sparen wir uns teures Auslands-Roaming. Um diese Uhrzeit sind die meisten Geschäfte noch geschlossen und wir schlendern einfach nur über die Straßen. In der nächsten Stunde soll der "animate" Shop aufmachen, in dem wir einiges an Merchandise zu finden erwarten, nach dem wir auf unserer Reise suchen. Auf dem Weg dorthin fällt uns ein kleines Cafe auf, das tatsächlich schon geöffnet hat. Das "Gusto" befindet sich in einer Seitenstraße der "sunshine-dori" Straße, auf der sich auch gleich das "animate" befindet. Das Lokal wirkt von außen, wie so viele andere auch, total unscheinbar. Von innen ist es zwar sehr klein, aber sehr schick und modern eingerichtet. Die angebotenen Speisen und Getränke machen einen sehr modernen, fast hippen Eindruck. Wir entschließen uns für ein Matcha-Eis (es geht immerhin nichts über Grünen Tee), ein Schokoladenküchlein mit flüssigem Kern und Vanilleeis. Neben den süßen Speisen gibt es auch allerlei Auswahl an deftigen Mahlzeiten. Einige westliche Klassiker, wie Pizza und Burger (natürlich im japanischen Verständnis, was bedeutet, dass sie zumindest optisch ein wenig von dem abweichen, was man als Europäer so gewohnt ist), aber auch offensichtlich gemischte Kulturen, wie zum Beispiel den Burger mit Tamago, der japanischen Version von Rührei und Omelette, wobei das Ei gesüßt und geschichtet wird.

Nach dem kleinen, morgendlichen Snack haben wir die Zeit bis zur Öffnung des "animate" überbrückt und können endlich shoppen gehen. Der animate Shop bietet auf mehreren Ebenen so ziemlich alles was das Fanherz begehrt. Nur nicht wirklich das, was ich gesucht habe. Auffällig ist, dass scheinbar zu einem großen Teil aktuell beliebte Manga und Anime (wichtig: Plural ohne "s") bedient werden, die gerade in Japan boomen und für Begeisterung sorgen, auf dem westlichen Markt aber noch nicht ansatzweise angekommen sind. Bedenkt man, dass ein Franchise bis zu zwei Jahre benötigt, bis es vom japanischen Markt auf den westlichen gelangt, ist das nicht überraschend. Ich nehme sogar an, dass diese ganzen mir unbekannten Serien niemals wirklich den westlichen Markt erreichen werden, da Japan sich viele Dinge exklusiv national vorbehält. Andere Dinge finden vielleicht auch einfach nicht genügend Anklang. Man hat auch einfach das Gefühl, dass die Tokyo animate-shopFangemeinden, die es in westlichen Ländern gibt, sich im Vergleich zu der japanischen Fangemeinde mit absolut veralteten Serien abgeben. Mein Eindruck war, dass wo in westlichen Ländern das Herz der Fans einer Lieblingsserie über Jahre hinweg treu bleibt, die Japaner mit ihren Serien und Neuerscheinungen immer auf dem neusten Stand sind. Abgeschlossene Serien und ähnliches verschwinden ganz schnell im Karton "Altes Zeug" und werden dann nie wieder gesehen (bis sie vielleicht ein Revival durch Neuauflagen o.ä. erhalten). Jedenfalls werde ich in diesem ersten Shop kaum fündig, auch wenn das ewige Stöbern und suchen wirklich interessant ist. Ein paar Kleinigkeiten bekomme ich dann doch noch. Das Personal ist unheimlich freundlich und hilft sehr angestrengt, wo es kann und das obwohl man sich nicht wirklich verständigen kann.

Im Anschluss besuchen wir noch einen Doujinshi Shop, der sich gleich gegenüber befindet. Doujinshi sind Comics und Manga, die von Fans zu bereits existierenden Serien und Charakteren gezeichnet wurden. Für vergleichsweise kleines Geld bekomme ich hier einige Fancomics von unbekannten und bekannteren Zeichnern (ja, da gibt es sogar unter Fancomics so etwas wie "bekannte und unbekanntere Zeichner" mit eigenen Fans und Community). Ein Doujinshi von 30 Seiten kostet mich hier zum Beispiel 400 Yen, was umgerechnet 3,31€ macht. Auf dem deutschen Markt kostet er mich etwa 12,00€. Die meisten erhält man allerdings nur über Großbritannien oder die USA, bei denen meistens 8,00€ bis 16,00€ Versand oben drauf kommen. Bei Büchern und Comics macht man hier also die größten Schnäppchen. Natürlich sind die Texte dann allerdings auch alle auf Japanisch, was bei Doujinshi eigentlich auch im Westen der Fall ist. Selten sind die Fancomics übersetzt.

Unsere kleine Shoppingtour beinhaltet auch den Besuch eines großen Geschäftes, das sich über mehrere Stockwerke an Begeisterte der Cosplay- und Lolita-Szene richtet. Der Shop nennt sich
ACOS
und bietet allerlei kuriose Sachen und Utensilien von denen wir einige ausprobiert haben. Leider waren wir nicht ganz von den Produkten überzeugt (vielleicht konnten wir aber auch einfach nur nicht richtig der Anleitung folgen). Schlussendlich findet man vor Ort auch jede Menge fertig genähter Kostüme und Cosplays im Komplettpaket und Perücken in allen erdenklichen Farben und Ausführungen. Von letzteren kaufen wir uns auch Exemplare, die wir für künftige Projekte gebrauchen könnten. Zwischenzeitlich dürfen wir dann in unser Zimmer einziehen und richten uns in dem spärlichen Raum ein. Wir gehen noch ein zweites Mal auf Beutezug und durchstöbern ein paar kleinere Läden in der Nähe, bevor wir in einem Imbiss um die Ecke versuchen zwangsläufig auf Japanisch unser Abendessen zu bestellen. Ramen und Udon Nudelsuppen sollen es sein. Eigentlich recht einfach. Es gibt mehrere Gerichte, die durchnummeriert sind. "Ich möchte gerne die Nummer XY." Können wir wohl irgendwie ausdrücken. Und zumindest bis zwanzig zählen können wir auch. Leider scheint unsere Bestellung doch nicht so angekommen zu sein wie gedacht, denn zumindest zwei der Gerichte entsprechen irgendwie nicht der Optik zu den Nummern auf den Abbildungen, die wir durchgegeben hatten. Was das Essen nicht schlecht macht. Nach dem Essen machen wir uns durch die nächtlichen, bunten, flimmernden Straßen von Tokyo auf den Weg zurück zur Unterkunft. Dort angekommen probieren wir im Zimmer die Yukata an, die man vom Kimi Ryokan als Gast gestellt bekommt. Diese können sowohl als Bademantel, aber auch als Schlafanzug benutzt werden. Wir testen uns durch unsere Errungenschaften des Tages und stellen dabei fest, dass viele der Schminksachen nicht recht funktionieren, dafür aber die Perücken von einer richtig tollen Qualität sind. Die Sachen wandern in eine Sammeltasche für den Rückflug, denn ab jetzt können wir zwei Koffer nutzen und bepacken. Nach unserem Aufenthalt in Tokyo geht es ja immerhin zurück nach Deutschland. Am nächsten Tag wollen wir in den Distrikt Harajuku fahren. Geplant ist ein Besuch im Eulencafé, Shopping und am Abend ein Besuch der Gedenkstatue von Hachiko an der Bahnstation im Distrikt Shibuya.

Nächster Bericht: Tokio Tag 2: Harajuku, Eulencafé und Hachiko & Tag 3: Milky Way Café, Ghibili Studio Animationsmuseum & Dinner


Weitere Japan 2017-Berichte:  Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4


WorringenPur.de/19.01.2021
Bericht & Fotos: Sarah Matschkowski
Redakt. & digit. Bearbeitung: Matschkowsi