Japan 2017 – Kansai und Tokio – Teil 6
Tokio Tag 2 & 3: Harajuku, Eulencafé und Hachiko & Milky Way Café, Ghibli Studio Animationsmuseum, Dinner
Fotos zum Vergrößern!

Das Zimmer im Kimi Ryokan ist klein und eng, aber man nutzt es ja eigentlich auch nur zum Schlafen. Die Duschen befinden sich auf jeder Etage der Herberge in zweifacher Ausführung direkt rechts und links neben den Waschbecken. Diese wiederum stehen vor einer großen Spiegelfront direkt auf dem Flur in einer Nische. Die Waschbecken sind mit warmem Wasser ausgestattet. Das Leitungswasser in Japan ist leicht gechlort und damit generell nicht trinkbar. Es gibt einen Föhn, den man mitbenutzen kann und vor den Spiegeln liegen einzeln abgepackte Zahnbürsten in Kombi mit einem Mini-Tübchen Zahnpasta. Wahrscheinlich alles zum einmaligen Gebrauch gedacht. Durch eine abschließbare Tür gelangt man in eine längliche Kammer in der sich eine Dusche befindet, die recht viel Platz und Komfort bietet. In der Dusche lässt sich das Wasser prima einstellen, man hat genügend Platz Kleidung und den Yukata aufzuhängen und das Beste: die Fliesen auf dem Boden sind beheizt! Wenn jetzt nur nicht unsere russischen Nachbarn (die wie der Rest der Gäste überaus offen und freundlich sind) immer zur gleichen Zeit wie wir duschen zu wollen. Die vom Ryokan ausgeteilten Einweg-Hausschuhe benutzt man während des gesamten Aufenthaltes innerhalb der Herberge. Um auf die Toiletten zu gehen, die sich auf jeder Etage befinden, tauscht man diese Schlappen gegen Hausschlappen, die extra für das Betreten der WC-Räumlichkeiten gedacht sind und in den Badezimmern ausliegen. Man sollte sich nicht den Faux Pas gönnen und die Hausschuhe auf Toilette tragen, oder gar vergessen die Toiletten-Schuhe wieder gegen die normalen Hausschuhe zu tauschen. Übrigens gibt es auf dem Dach der Herberge Münz-Waschmaschinen. Die brauchen wir während unseres Aufenthaltes jedoch nicht mehr.

Mit etwas Verzögerung erreichen wir dann über die Yamanote Linie recht schnell das Stadtviertel Harajuku. Harajuku ist vor allem bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Japan beliebt. Mit den vielen Modegeschäften und Boutiquen bildet das Viertel, das eigentlich zum Bezirk Shibuya gehört, eines der wichtigsten Modezentren. Die Einkaufsstraßen "Takeshita-dori" und "Meiji-dori" sind dabei nicht nur von Einheimischen stark besucht, sondern bilden auch einen beliebten Publikumsmagneten für Touristen. Vor allem die stark vertretene punk- und gothic-lastige Jugendmode zieht eine bunte Mischung Menschen an. An Sonntagen finden hier regelmäßig Zusammenkünfte unterschiedlichster Szenen zum Austausch und Sehen und Gesehen werden statt. Für Fotografen, die nach besonderen Motiven suchen ist Harajuku ein Muss. Die Menschen der Visual Kei-, Rock-, JPop-, Lolita- und Cosplay-Szene, die sich dort zusammenfinden, lassen sich oft auf Anfrage gerne ablichten und in Szene setzen.

Wir besuchen an diesem Tag die "Takeshita-dori", die "Takeshita Street" und sollen damit bis in die Abendstunden beschäftigt sein. Zunächst aber haben wir einen Termin im Eulen-Café. Von der Bahnhaltestelle Harajuku erreicht man direkt nach wenigen Schritten die Takeshita Street. Die Einkaufsmeile besticht mit bunten optischen Eindrücken und lauter Musik und Soundeffekten, die einem von der Einkaufsstraße schon von weiter Ferne entgegen schallen. Um zum Eulencafé zu gelangen, müssen wir jedoch zunächst einmal links vor der Takeshita Street abbiegen. Die nächste Straße rechts soll sich unser Ziel befinden. Die Suche gestaltet sich ein wenig anstrengend und wir sind froh genügend Tokyo Eingang Eulen CaféZeit eingeplant zu haben. Da wir den Laden nicht auf Anhieb finden, irren wir etwas umher, bis wir uns an den Rat einer Freundin erinnern. "Wenn du es nicht auf Augenhöhe findest, schau ein paar Stockwerke darüber!". Und damit hat sie Recht. Tatsächlich finden wir direkt zu Anfang der Gasse auf den zweiten Blick eine Werbetafel, die beschreibt, dass sich Eulen in diesem Gebäude im vierten Stock befinden. Auf Englisch und mit Bildern. Also gar nicht so schwer zu verstehen, man muss nur die Augen offen halten. Wir schaffen es etwas vor der Zeit zu unserem Termin, den wir schon einige Monate zuvor online von Deutschland aus für umgerechnet 12,00 € gebucht haben. In dem kleinen Vorraum, den man über eine Wendeltreppe draußen am Gebäude erreicht, werden wir nach unserer Anmeldung an einen kleinen kniehohen Tisch gebeten, um die Wartezeit zu überbrücken. 150 Yen (umgerechnet 1,24 €) kostet mich die kleine Flasche Coca Cola Zero, die ich angeboten bekomme, der Rest entscheidet sich für einen grünen Tee oder einen Kaffee.

Die Eulen sind außerhalb des Zimmerchens auf einem Balkon untergebracht, der zu einer Art Wintergarten umgebaut wurde. Mit ausreichend TokyoEulenCaféKambochaAbstand zueinander sind die Vögel auf Sitzstangen gebunden. Nachdem die kleine Gruppe vor uns den Wintergarten wieder verlassen hat, sind wir endlich dran. Unsere Begleitung vom Eulencafé erklärt uns auf gut verständlichem Englisch, wie wir mit den Vögeln umzugehen haben. Sie stellt uns die neun Eulen jeweils vor und erklärt dazu die Hinweistafeln, die bei jeder Eule angebracht sind. Einige von ihnen darf man streicheln, andere wiederum nicht. Ein paar kann man auf den Arm nehmen und alle darf man, gegen Aufpreis für das Futter, füttern. Man erklärt uns, wie wir uns den Vögeln zu nähern haben und woran wir erkennen, ob die Eule gerade angefasst werden möchte, oder nicht. Und wie man welche Eule am besten streichelt, denn scheinbar hat da jedes Tier seine Vorlieben. Wir müssen uns zunächst die Hände desinfizieren und erst dann dürfen wir uns nähern. Der Tokyo Eulen Café MozukuSprenkelkauz "Kambocha" zum Beispiel darf gestreichelt und auf den Arm genommen werden, man darf ihn aber nicht füttern. Außerdem gibt es den Hinweis aus der Ich-Perspektive der Eule, dass sie sich vorsichtig verhält. Für den Chaco-Waldkauz "Mozuku" gilt das gleiche, nur ist er wohl grundsätzlich neugieriger und offener gegenüber

Tokyo Eulen Café Kii

Tokyo Eulen Café Haku und Canon

Tokyo Eulen Café Ohagi

Besuchern. Die Bengalenuhus "Kii", "Jiji" und "Kukku" sind jeweils laut Beschreibung auch vollkommen unterschiedlich im Wesen und der Handhabung. Die beiden Schleiereulen "Haku" und "Canon" scheinen die beliebtesten Eulen unter den Besuchern zu sein. Unsere Begleitung legt uns ans Herz, die Eulen, die schläfrig wirken, vorerst in Ruhe zu lassen, bis sie sich offensichtlich regen. Der kleine Steinkauz "Ohagi" lässt sich nicht immer gerne anfassen, steht aber total auf Leckerbissen und fasst dann recht schnell Vertrauen zu den Besuchern. "Schola", die Nordbüscheleule ist unter den Besuchern auch sehr beliebt, da sie sehr aufgeweckt ist und durch ihren "Transformationseffekt" für viel Unterhaltung sorgt. Nordbüscheleulen recken oder ducken sich, um sich vor Feinden optisch größer zu machen bzw. aufzuplustern. Schola

Tokyo Eulen Café Schola

Tokyo Eulen Café

scheint entdeckt zu haben, dass, wenn sie sich seltsam gebiert, sie von den belustigten Besuchern gerne den einen oder anderen Happen mehr bekommt. Nach ausgiebigen Streicheleinheiten dürfen wir einige der Eulen auf den Arm nehmen. Unsere Begleitung achtet sehr darauf, dass die Besucher anständig und rücksichtsvoll mit den Vögeln umgehen und dass sich bedächtig benommen wird. Wir dürfen während unseres Besuches Fotos machen und am Ende gegen 500 Yen (umgerechnet ca. 4,00 €) eine kleine Portion rohes Fleisch mit einer langen Pinzette an die Eulen verfüttern. Schola amüsiert uns dabei besonders. Nach etwa einer Stunde bei den Eulen überlassen wir die Tiere wieder sich selbst und kehren in das Vorzimmer zurück. Wir bedanken uns für die lehr- und erfahrungsreiche Zeit und decken uns noch mit einigen Souvenirs und Andenken ein, bevor wir gehen.

Tokyo Takeshita Street

Tokyo Takeshita Street

Nach diesem Erlebnis widmen wir uns der Takeshita Street. Den kleinen Appetit stillen wir mit einem der berühmten Harajuku Crêpes bei "Sweet Box" Shop gleich zu Beginn der Einkaufsstraße. Die Crêpes sind mit allerlei bunten Sachen in verschiedenen Kombinationen gefüllt und ein Klischee, das man definitiv mitnehmen sollte. Hingucker sind natürlich wieder die Auslagen, in denen sich hinreißend designte Nachbildungen der Crêpes gegenseitig die Show stehlen. Für nur 3,50 € bekommt man so einen leckeren Crêpe, den man sich in Ruhe, etwas in die Seitengasse zurückgezogen, zu

Tokyo Sweet Box

Tokyo Harajuku Crepes

Gemüte führen kann. Danach teilen wir uns in zwei Gruppen auf, um uns besser nach unterschiedlichen Interessen durch die Menge und die Läden wühlen zu können. Ich besuche gezielt Shops, die punk, gothic und visual kei Bekleidung anbieten, einfach, um auch mal etwas anderes im Kleiderschrank zu haben, was es nicht bei jedem New Yorker um die Ecke gibt. Ich stelle jedoch schnell fest, dass viele der Kleidungsstücke, natürlich auch, weil sie ausgefallen sind, einen ordentlichen Preis fordern. Mit 64.000 Yen für einen Pulli, lasse ich ihn letztendlich dann doch im Regal liegen. Dafür finde ich in einem kleinen Schuhladen ein Paar Schuhe, das mir wie angegossen passt. Für umgerechnet 26,00 € landen sie in meinem Rucksack. Ich bemerke gar nicht wie schnell die Zeit vergeht und so treffen wir uns am späten Nachmittag wieder zur vereinbarten Uhrzeit.

Tokyo Purikura HalleZum Schluss müssen wir noch eine der berüchtigten "Purikura"-Hallen besuchen. Purikura-Automaten gab es vor einiger Zeit auch auf der Japan-Meile in Düsseldorf. Irgendwann sind sie von dort leider verschwunden. Die Automaten sind eigentlich simple Fotokabinen. Ein Programm sagt und zeigt einem über Lautsprecher und den großen Bildschirm worum es geht (meistens eine

Tokyo Harajuku

Tokyo Harajuku

kleine Story) und was man tun soll. Es werden dann mehrere Bilder gemacht, die man im Nachgang bearbeiten und verzieren kann. Die Automaten sind thematisch unterschiedlich und bieten in jeder Kabine eine andere Story. Je nach Automat kostet die kleine Fotosession unterschiedlich viel. Meistens jedoch etwas zwischen 300 und 500 Yen. Am Ende bekommt man die Bilder als Ausdruck, einige in mehrfacher Ausführung. Die Bildchen kann man von einer Folie abziehen, wenn man möchte und wie Sticker aufkleben. Viele kleben sie in Fotobücher oder in ihre Handyhüllen. Den Besuch bei den Purikura-Automaten teilen wir untereinander auf, sodass wir mit fünf Personen ca. 800 Yen da gelassen haben.

Als es beginnt dunkel zu werden, sind wir bereits fußläufig auf dem Weg zur Shibuya Station, der größten Bahnhofsstation innerhalb Tokyos. Tokyo Shibuya Abgesehen von dem überwältigend riesigen Zebrastreifen und der Leuchtreklame, die einen beinahe zu erschlagen scheint, wollen wir unbedingt das Denkmal von "Hachiko" sehen. Wer Hachiko nicht kennt: es gibt einen gleichnamigen Film mit Richard Gere zu dieser wahren Begebenheit. Sehr sehenswert. Man sollte jedoch genügend Taschentücher bereithalten. Der Akita Inu "Hachiko" wurde 1923 als Welpe von seinem Herrchen adoptiert. Der Hund, der sich irgendwann nicht mehr einsperren ließ, während sein Herrchen das Heim verließ, um zur Arbeit zu gehen, begleitete den Mann fortan jeden Tag bis zur Bahnstation Shibuya und wartete den gesamten Tag auf dessen Rückkehr. Eines Tages allerdings taucht sein Herrchen

Tokyo Hachiko Gedenktafel

Tokyo Hachiko Denkmal

nicht wie gewohnt abends nach der Arbeit am Bahnhof auf, wo Hachiko geduldig auf ihn wartet. Er ist am Vormittag verstorben. Hachiko bleibt über Jahre hinweg am Bahnhof gegenüber dem großen Haupteingang und wartet auf seinen Besitzer, bis er selber verstirbt. Die Treue des Hundes gegenüber seinem Herrchen wird in Japan gefeiert und geehrt. Er ist das Sinnbild der bedingungslosen Treue. Dazu wurde Hachiko an der Shibuya Station ein Denkmal errichtet, das nicht zuletzt seit der Erscheinung des Films Touristen aus aller Welt anzieht. Dass Hachiko in Tokyo und Japan zelebriert und auch vermarktet wird, merkt man spätestens, wenn man in Shibuya am Bahnhof die vielen Wegweiser findet, die einen zum Denkmal führen sollen. Ebenso wie die ganzen Akita Inu Illustrationen, die alles Mögliche im Bezirk zieren.

Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg zum Café "Milky Way", das sich im gleichen Bezirk befindet wie unsere Unterkunft (nämlich Tokyo Milky Way Café IkebukuroIkebukuro). An der Bahnstation wollen wir uns mit einer Brieffreundin treffen. Sie ist eine Internetbekanntschaft über Twitter und tauscht mit uns regelmäßig zu besonderen Anlässen Päckchen und Pakete aus. Für das Treffen reist sie extra von den außerhalb von Tokyo gelegenen ländlichen Gebieten an. Der Vorschlag für die Location stammt von ihr. Als wir sie am Bahnhof treffen, sieht man ihr gleich an, dass sie der kreative Mensch ist, der über den Social Media Kanal seine Werke präsentiert. Sie trägt Bekleidung, die ganz offensichtlich an den traditionellen Kleidungsstil der Japaner angelehnt ist. Über den Google Übersetzer verständigen wir uns ein wenig. Das geht recht gut, auch wenn manchmal Verwirrung herrscht. Am Ende wissen wir aber immer Tokyo Ikebukurogenau was wir uns zu sagen versuchen und schaffen sogar Smalltalk über aktuelle gemeinsame Interessen herzustellen. Das Café Milky Way ist dem Namen entsprechend ganz offensichtlich an die Thematik der Sterne angepasst. Optisch gibt das Lokal an der Ecke der Ikebukuro-Kreuzung wirklich etwas her. Deko und Ausstattung sind ebenso kreativ wie die angebotenen Speisen und Getränke. Eine Glasvitrine vor dem Eingang stellt wieder originalgetreue Nachbildungen der Bestseller zur Show, die größtenteils an Sternenbilder und Sternzeichen angelehnt sind. Es gibt hauptsächlich Frühstück, Brunch, Eis, Kaffee und Kuchen. Wir probieren uns durch Milchshakes und Eisbecher, Eiskaffee, Kakao, Götterspeise und Fruchtbecher und tauschen uns über die bisherige Reise aus. Wir überraschen uns gegenseitig mit kleinen Gastgeschenken (unsere haben wir natürlich zuvor in Deutschland vorbereitet) und verabschieden uns nach zwei Stunden voneinander.

Im Anschluss machen wir uns auf den Weg in den Stadtteil Mitaka. Dort haben wir für den späten Mittag eine Führung durch das Ghibli

Tokyo Mitaka Ghibli Museum

Tokyo Ghibli Museum Eingang

Tokyo Ghibli Museum

-Museum
gebucht. Das Ghibli-Museum ist ein Museum des bekannten Animationsstudios "Ghibli", dessen Filme sich auch in Deutschland breiter Bekanntheit erfreuen. Filme wie "Chihiros Reise ins Zauberland", "Das Schloss im Himmel", "Das wandelnde Schloss", "Prinzessin Mononoke", "Mein Nachbar Totoro" und "Ponyo" liefen auch bei uns in den Kinos und gehören zum geläufigen Film- und Fernsehprogramm. Die Qualität und Detailverliebtheit der ausschließlich händisch animierten 2D-Animationen erfreuen sich seit über 30 Jahren großer Beliebtheit. Das Gebäude wirkt schon von außen ikonisch und Fans der Filme erkennen an allen Ecken und Enden kleine Hinweise, Erinnerungen und stilistische Merkmale aus den einzelnen Produktionen.

Tokyo Ghibli Museum Dachterasse

Tokyo Ghibli Museum Dachterasse

Leider darf innerhalb des Museums nicht fotografiert und gefilmt werden. Sehr wohl jedoch auf der Dachterrasse, die einen großen Garten darstellt und Elemente aus dem Film "Laputa – Das Schloss im Himmel" enthält. Das Museum selber kann in Eigenregie besichtigt werden. Die Räume und Flure wirken genauso verspielt und teilweise verlockend chaotisch-fantasievoll wie die Settings und Atmosphären der Filme. Über die Geschichte und Entwicklung des Studios, über Animationstechniken und schier unendliche Ausstellungsstücke über die Making-Off Zeichnungen, Unterlagen und Skizzen, Entwürfe und Nachbildungen von Räumlichkeiten und Gegenständen der einzelnen Filme begeistert jeder einzelne Raum innerhalb des Museums.

Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir das große Rondell, eine durchsichtige Litfaßsäule in der eine Landschaft aufgebaut ist und Figuren hintereinander in unterschiedlichen Posen gereiht sind. Betätigt man eine Kurbel, verdunkelt sich der Raum und die Säule beginnt sich unter flackerndem Licht zu drehen. Das Rondell visualisiert, wie durch die Beeinflussung der optischen Wahrnehmung aus einzelnen Bildern ein bewegtes Bild wird. Ein persönliches Highlight war für mich auch das kleine Kino, das sich im Museum selber befindet. Zu sehen gab es dort einen Kurzfilm mit einer Nebenstory zum Film "Mein Nachbar Totoro". Die Kurzfilme sind exklusiv nur in den Museen des Animationsstudios zu sehen. Zu der Zeit als wir dort waren, lief der Film "Mei und der Kätzchenbus". Wer den Katzenbus aus dem Film "Mein Nachbar Totoro" kennt, hat an diesem Extra sehr viel Freude. Aber auch Nicht-Kenner werden von den Sequels abgeholt und in die fantastischen und liebevoll erschaffenen Welten der Ghibli-Filme entführt. Für mich war der Kinobesuch mit Freunden etwas ganz Besonderes, da die Filme meine Kindheit sehr stark geprägt haben und für mich den Einstieg in eine Fangemeinde bereitet hat, über die ich im Grunde und am Ende zu meinen Hobbies und Freunden gefunden habe.

Bei Sonnenuntergang betreten wir die große Dachterrasse und den Garten, der darauf angelegt ist. Von dort aus hat man auch einen schönen Ausblick auf das umliegende Mitaka und den Inokashira Park, in dem das Museum liegt. Zum Schluss wagen wir uns in den brechend vollen "Mama Aiuto" Souvenir und Merchandise Shop. Schön ist, dass Einrichtungen, wie der Souvenirshop, einige Räumlichkeiten und das Cafè thematisch immer an die Filme angelehnt sind. Die Themenräume im Museum, in denen teilweise Szenen aus den Filmen nachgebaut wurden haben mir auch mit am besten gefallen. Wir haben gegen Ende des Besuchs gar nicht genügend Zeit, um uns alles im Souvenirshop in Ruhe ansehen zu können, gehen aber trotzdem mit vollen Taschen. Das Museum ist auf jeden Fall ein Muss für Fans der Ghibli-Filme, lohnt sich aber auch sehr für Freunde der Animation, die mit dem Studio an sich nicht viel anfangen können.
Wer Tickets erwerben möchte, sollte das früh genug tun. Der Einlass ist zeitlich immer terminiert, weil das Museum sonst hoffnungslos überlaufen wäre. Entsprechend begehrt sind die Tickets. Tatsächlich mussten wir zu dem Zeitpunkt an dem die Möglichkeit zur Buchung der Tickets für genau diesen Tag möglich geworden ist (das war bei uns um 3 Uhr morgens in Deutschland) vor dem PC sitzen, ganz schnell sein und hoffen, dass der Server nicht zusammenbricht. Über den Nervenkitzel beim Erwerb der Tickets tröstet dann der Preis von 1000 Yen (das entspricht aktuell 8,38 €) hinweg. Mit einem Auslandsbuchungszuschlag kostet der Besuch umgerechnet etwa 12,00 € und ist damit empfunden für die Preisleistung absolut spottbillig.

Wir kehren zügig zu unserer Unterkunft zurück, verstauen unsere Errungenschaften und machen uns für das nächste Treffen mit Brieffreunden Tokyo Kimi Ryonkan Eingangaus Japan bereit. Tama, Miwa und Katsuragi sind ebenfalls Bekanntschaften von Twitter, die untereinander auch befreundet sind und sich öfter treffen, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Die drei haben ein kleines, örtliches Lokal in der Nähe der Station von Shibuya herausgesucht und ein mehrgängiges, klassisch-japanisches Gängemenü für uns alle gebucht. Umgerechnet 40,00 € zahlt jeder von uns dafür. Wir verstehen uns ausgesprochen gut, können uns auch gut unterhalten, da die drei durch ihre Schule solides Englisch sprechen. Auch hier tauschen wir wieder kleine Geschenke aus. Zu dem Menü haben sie zwei unglaublich große Kannen Bier bestellt. Sicherlich 3 Liter sind darin. Ich bin mir bis heute noch sehr sicher, dass unsere Freunde vom Glauben abgefallen sind, als wir ihnen sagen mussten, dass drei von uns fünf kein Bier oder generell keinen Alkohol trinken. Immerhin sind wir Deutsche. Bier und Wurst ist unser Leben! Nicht wahr?

Nach einer ganzen Weile netter und lustiger Unterhaltungen wird die Vorspeise serviert. Sie besteht aus einem Schälchen Kaviar und einem Stückchen Thunfischfilet, das nur kurz angebraten und vorher mariniert wurde. Wir sind bemüht uns an die Tischmanieren zu halten und uns

Tokyo Dinner

Tokyo Dinner

Tokyo Dinner

nicht zu blamieren. Unsere Freunde jedoch haben auch ausgesprochen Spaß daran uns die andersartigen japanischen Benimmregeln zu Tisch zu erklären und zu zeigen. Im nächsten Gang werden zwei große Holzschiffchen mit Salat und verschiedenen Arten Sashimi serviert. Sashimi ist hoch qualitatives, rohes Fischfilet. Der dritte Gang umfasst einen großen Topf klassischen Eintopf. Fisch, Krabben und Garnelen, Shiitake- und Enoki-Pilze, Tofu, Kohl und Rettich köcheln in dem Sud fröhlich vor sich hin. Zusammen mit einem Schälchen Sojasoße können die Häppchen auf dem eigenen Teller platziert und genossen werden. Es ist ein wenig wie beim Fondue und Raclette.

Die Speisen sind nicht sehr sättigend, dafür aber sehr gesund, vor allem in der Zubereitung. Essen gehört in Japan ohnehin zur Kultur und stellt beinahe schon eine Art Kunst dar. Der gemeinsame Verzehr von Speisen ist gesellschaftlich von besonderer Bedeutung. Lebensmittel und außergewöhnliche Zubereitungen sind nicht selten mit religiösen und traditionellen Bedeutungen gekoppelt und sind damit auch fester Bestandteil vieler Feste und Feiern. So viel ungesunder Schnickschnack Japans Küche, viel mehr der Schnellimbiss und die Süßigkeitenlobby bieten, so gesund und bekömmlich ist die traditionelle Hausmannskost. Alles schmeckt sehr fremdartig. Sehr fisch- oder eilastig. Aber deshalb nicht schlecht. Außer dem Standardsushi (also Lachs und Thunfisch) mag ich Fisch nämlich eigentlich gar nicht. Und auch mit Gemüse bin ich extrem wählerisch. Bei mir gilt fast das Prinzip "Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht!" Nicht, weil ich nicht will, sondern weil mir vieles einfach nicht schmeckt. Ein bisschen kompliziert vielleicht. Jedenfalls schmeckt mir eigentlich alles, was da auf den Tisch kommt. Selbst den Kaviar bekomme ich irgendwie herunter. Die Speisen sind (sowieso wie bislang alles was wir gegessen haben) viel milder im Geschmack. Sie sind in der Regel nicht so übersüßt und übersalzen, wie wir das vom Fastfood in Deutschland kennen. Zum Abschluss gibt es Yokan in Erdnusspulver gewendet. Yokan ist Gelee in verschiedenen Geschmacksrichtungen, das aus Algen (Agar Agar) hergestellt wird und damit durchaus als vegan zu bezeichnen ist. Das traditionelle Yokan ist übrigens mit Rotebohnenpaste hergestellt und bezeichnet sich dann als traditionelles japanisches Dessert mit "Wagashi".

Nach dem Essen begleiten uns unsere Freunde noch zur Bahnstation. Es fällt uns wirklich schwer uns zu verabschieden und wir sind sehr froh die Möglichkeit eines klassischen gemeinsamen Essens zusammen mit ihnen wahrgenommen zu haben. Damit endet unser 10. Tag in Japan und der 11. Tag unserer Reise.

Nächster Bericht: Tokio Tag 4: Ueno Zoo, Japan PonyCon 2017, Fastfood & Don Quijote & Tag 5: Akihabara

Weitere Japan 2017-Berichte:  Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4 und Teil 5


WorringenPur.de/08.02.2021
Bericht & Fotos: Sarah Matschkowski
Redakt. & digit. Bearbeitung: Matschkowsi