Japan 2017 – Kansai und Tokio – Teil 2
Kyoto: Tag 2 - Arashiyama Bambuswald, Torokko Romantic Train Tour, Kameoka & Lokomotivmuseum mit Diorama
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Tag 2 in Kyoto beginnt für uns nach unserem gewohnt üppigen Frühstück to go. Heute wollen wir im Arashiyama Bambuswald spazieren gehen, mit dem Romantic Train den Hozugawa River entlang bis nach Kameoka fahren, mit alten Fischerbooten, ganz wie zu Edo-Zeiten über den Fluss wieder zurück fahren und uns das Eisenbahnmuseum der Torokko Train Station in Arashiyama ansehen. Es sind wieder die fremden Gerüche, die Luft und die Geräusche, die Atmosphäre, die alleine schon das Aufwachen in dem urigen Zimmerchen zu einem kleinen Abenteuer machen. Wieder haben wir super tolles, sonniges Wetter. Die Temperaturen sind perfekt für T-Shirt und eine Herbstjacke, die man ohne zu frieren offen tragen kann. Ich fürchte jetzt schon, dass ich zu wenige T-Shirts und zu viele Pullis dabei habe. Es sind bislang im Schnitt 18 bis 26 Grad. Dabei ist es Ende Oktober. Eingestellt waren wir auf die üblichen 12 bis 20 Grad, je nach Wetterlage. In Deutschland zur selben Zeit gießt es in Strömen bei etwa 8 Grad. Beschweren können wir uns darüber aber bei weitem nicht. Wer beschwert sich auch schon über goldenes Herbstwetter?

Über die Inari Station fahren wir also nach Arashiyama, einem Bezirk im Westen Kyotos. Arashiyama besticht durch eine sehr ländliche

Saga Torokko Station

Station alte Zugmaschine

Kulisse. Generell ist Kyoto bekannt für sein eher ländliches und traditionelles Flair. Arashiyama wirkt da allerdings noch einmal besonders bezaubernd. An der Bahn in Arashiyama angekommen begeben wir uns direkt zur Torokko Train Station von wo aus die Zugfahrt mit Zug und Wagons aus dem 19. Jahrhundert starten soll. Dort angekommen müssen wir leider feststellen, dass die Bootsfahrt mit den Gondeln den Hozugawa River hinab auf Grund des Taifuns, der vier Tage zuvor gewütet hatte, abgesagt wurde. Die Strömung und der Pegel des Flusses machen die Fahrt leider unzumutbar. Von diesem Umstand recht geknickt, denn die Fahrt war für uns eines der Highlights des Urlaubes, beschließen wir uns zunächst einmal den nahegelegenen Bambuswald anzusehen. Fußläufig erreicht man den Bambuswald innerhalb von etwa 10 Minuten. Wir merken auch hier schnell, dass der Wald ein beliebtes Ausflugsziel sein muss, denn die Straße wird zunehmend voller. Auf dem Weg dorthin bieten kleine Straßenläden Souvenirs an. Es gibt eine ganze Reihe von Cafés und einige Geschäfte bieten den Verleih von Yukata (unkompliziertere und legere Variante des Kimono) an, die man auf dem Spaziergang durch den Wald tragen kann. Wir betreten den Bambuswald und dessen kühlenden Schatten und staunen gleich zu Anfang über die meterhohen, teilweise armdicken Bambusrohre, die in den Himmel schießen. Auch hier hat der Taifun Schäden angerichtet. Einige Bambusrohre sind gebrochen und liegen abgesichert im Wald herum. Den Rundgang kann man in einer guten Stunde schaffen, oder man mietet sich eine Rikscha und lässt sich kutschieren. Bei dem verzweifelten Versuch ein anständiges Gruppenbild auf dem vollen Weg zu machen, bietet ein netter Japaner uns trotz Sprachbarriere an uns zu fotografieren. Irgendwo auf dem Weg hat sich ein Straßenmusiker mit einer Hang niedergelassen und Bambuswaldverleiht dem Wald mit seiner Musik einen noch mystischeren Eindruck. Von den Massen wird man doch etwas den Weg entlang getrieben, gemütliches Spazieren stelle ich mir ein wenig anders vor. Wir bekommen jedoch trotzdem genug zu sehen und müssen uns ohnehin leicht sputen, wenn wir die Zugfahrt noch unternehmen wollen.

Auf dem Weg durch den Bambuswald finden wir einen Schrein vor. Auf den ersten Blick meint man vor einem Schrein der Gottheit Inari zu stehen, tatsächlich ist dieser Schrein jedoch der Gottheit Nonomiya gewidmet. Man kennt sie auch unter dem Namen "Amaterasu" und "Göttin der Sonne". Die Göttin steht für Gesundheit und Weisheit, oft aber auch für den guten Verlauf einer Schwangerschaft und Geburt und Glück in der Ehe. Deshalb sind ihre Schreine bei Frauen sehr beliebt. Andere beten dort auch für Reiseglück und künstlerisches Schaffen. Wir besichtigen den recht kleinen Schrein mit aller Ehrfurcht, die wir aufbringen können, achten darauf nicht aufdringlich oder störend zu sein für die, die dort zum Beten hinkommen und treten alsbald den Rückweg an. Der Bambuswald verbindet die Arashiyama Torokko Station und die

Amaterasu Tempel

Amaterasu Schrein

Aufreihung von Inari Figuren

Saga Torokko Station. Man kann sich also entscheiden, ob man die Zugfahrt bei der einen oder der anderen Station antritt. Wir entscheiden uns zur Arashiyama Torokko Station zurück zu gehen und kaufen dort unsere Tickets. Ein One-Way-Ticket für Erwachsene kostet 620 Yen, aufgerundet 5,00 €. Während wir warten, versuchen wir unser Glück wieder an einem der Gachapon Automaten. Diese Automaten findet man nahezu überall in Japan. Auf der Straße, in Tourismus-Vierteln, in Einkaufszentren und bei Sehenswürdigkeiten. Man wirft den geforderten Preis an Münzen ein, oft etwas zwischen 100 und 400 Yen und dreht dann an einer Kurbel. Heraus kommt eine Kapsel, in der sich einer der auf dem Automaten abgebildeten Artikel befindet. Von Sammelfiguren, über Schlüsselanhängern und Spaßartikeln ist alles dabei. Eigentlich ist das alles Kitsch, aber gerade für Animefans bieten die Automaten oft eine günstige Gelegenheit an Merchandise zu gelangen. Für andere wiederum gehört die Jagd nach den limitierten Inhalten der Gachapons auf die Liste der Dinge, die man in Japan unbedingt gemacht haben sollte.

Wir begeben uns rechtzeitig zum Gleis und warten. Es gibt Markierungen am Boden, wie überall an den Gleisen in Japan auch, die anzeigen, wo man sich zum Einsteigen anstellen kann. Das ist nämlich anders als in Deutschland und strikt geregelt. Man stellt sich an den Markierungen zum Einsteigen an, lässt die Leute dann aussteigen und steigt der Reihe nach ein. Wer sich vordrängelt,

Saga Torokko - Station im Romantic Train

Hozugawa River

Kameoka - Talblick

tanzt nicht nur auffällig unangenehm aus der Reihe, sondern benimmt sich damit auch total daneben.
Der Zug wirkt urig und verspricht eine leicht abenteuerliche Fahrt. Anders als neumoderne Züge ist es in diesem recht laut, man hört die Fahr- und Umgebungsgeräusche. Die Strecke geht durch den Bambuswald, entlang des Hozugawa Rivers, dessen Strom durch den Tsunami tosend im Tal dahinrauscht, durch diverse Tunnel und schlängelt sich durch den herbstlichen Wald der Berge. Wir bekommen wunderschöne Eindrücke von Natur und Landschaft. An verschiedenen Haltestellen hält der Zug und nimmt weitere Leute auf. Bis an die Endstation Kameoka fahren wir etwa eine halbe Stunde. Dort angekommen ist die Landschaft ebenfalls umwerfend schön. Kameoka ist ein wunderschönes, ländliches Dörfchen. Da die Bootsfahrt ausfallen muss, suchen wir nach einer Alternative.

Kameoka

Kameoka - Bergaufstieg

Kameoka - Dorfmitte

Kutschpferd

An der Torokko Station Kameoka gibt es die Möglichkeit mit einer Pferdekutsche eine kleine Tour zu fahren. Während eines Mittagssnacks überlegen wir unsere nächsten Schritte. Für 100 Yen kann man an einem unbeaufsichtigten Stand einen Becher Möhrenstreifen zum Verfüttern an die Pferde erwerben. Nachdem wir die Pferde gefüttert haben, entschließen wir uns dazu fußläufig Kameoka zu besichtigen und bereuen diese Entscheidung nicht im Geringsten. Der Spaziergang belohnt

Kameoka - Waschstelle vor dem buddhistischen Schrein

 Kameoka - Aufstieg zum buddhistischen Schrein

Kameoka - Abstieg vom buddhistischen Schrein

Kameoka - Treppen im buddhistischen Schrein

uns mit sehr viel Idylle und wunderschönen Bildern über die Felder und die umliegende Natur.

Wir marschieren weiter und gelangen an einen steinernen Treppenaufstieg an einem Berghang, versteckt in einer unscheinbaren Seitenstraße. Später finde ich heraus, dass es sich dabei um den Kuwata-Jinja Schrein in Kameoka handelt, einem Shinto Schrein (religiöse Stätte des Shintoismus). Wenn man den Uno River überquert liegt er gleich am Hang des Berges, der Kameoka zum Nordwesten hin vom Katsura River abschirmt. Wir informieren uns ein wenig über die Riten beim Betreten eines Shinto Schreines, versuchen uns an den formellen Ablauf zu halten und beginnen den Anstieg auf den Treppen. Dafür werden wir mit einem ansehnlichen Schrein und einen hinreißenden Ausblick über Kameoka und die Umgebung belohnt. Stolz wie wir darüber sind, dass wir uns formell und respektvoll an die Regeln beim Betreten eines Schreines gehalten haben, ernüchtert uns ein Anwohner ein wenig, indem er ohne mit der Wimper zu zucken einfach die Treppen hoch steigt. Im Laufe des Urlaubs treffen wir auf viele Schreine und ich frage mich immer wieder wie richtig die Empfehlungen aus anderen Reiseberichten sind, dass man sich an die Riten beim Betreten eines

Kameoka - Wächter Figur im buddhistischen Schrein

Buddhistischer Schrein

Buddhistischer Schrein

Schreines halten sollte. Vor allem, wenn man einen örtlichen, kleineren Schrein aufsucht und besichtigen will, der kein Touristenhotspot ist.

Nach der Besichtigung des Schreins setzen wir unseren Spaziergang fort. Wir laufen allerdings bis zur Station Umahori und nehmen dort die örtliche Bahnverbindung der San-In Linie, um auf schnellerem Weg zurück nach Arashiyama zu gelangen. Dort angekommen entschließen wir uns noch dazu das Lokomotivmuseum mit Diorama zu besichtigen. Der Eintritt kostet uns durch die vorherige Fahrt mit dem Romantic Train nur 400 Yen, also knapp 3 € pro Person. In dem Museum kann man auf einer Fläche von etwa 285 m² einen Modelleisenbahnaufbau von Kyoto und seinen wichtigsten Sehenswürdigkeiten betrachten. Dazu gehören auch die Bahnverbindungen, die man gegen Aufpreis an einer Steuerungskonsole mit den Modellzügen selbstständig befahren kann und einige Easter Eggs, wie ein kleines Haus im Wald mit einer Totoro Figur, angelehnt an den Animationsfilm des Studios Ghibli "Mein Nachbar Totoro". Ebenso ein Roboter aus Neon Genesis Evangelion. An den Beschriftungen führen einige Schreibfehler in der Übersetzung auf Englisch zu Belustigung ("Please play with perents!"), bevor sich die Halle plötzlich abdunkelt und die Modellbaulandschaft bei Nacht zeigt. An der Hallendecke sind Sterne und Sternzeichen am Himmel über Kyoto zu sehen, Sternschnuppen kann man hier und da ausmachen, ein Feuerwerk schließt den Nachtmodus ab und taucht die Landschaft wieder in Tageslicht. Über eine Brücke kann man über das riesige Modell hinwegschreiten und sich alles von oben ganz genau ansehen. Hinweise verleiten zu einem Suchspiel nach besagten Easter Eggs und belohnen mit kleinen Szenen, die wie der Rest des Modells mit Liebe zum Detail gebaut worden sind.

Diorama

Diorama -Kyomizu dera Tempel

Diorama - Kyomizu dera Tempel

Diorama - Kyoto

Gegen frühen Abend machen wir uns dann auf den Heimweg. Natürlich kehren wir auf dem Rückweg noch einmal in unseren 7-eleven um die Ecke ein und decken uns mit Abendessen und Getränken ein. Diesmal testen wir Instantsuppen zum Aufgießen. Ich darf mit gutem Gewissen behaupten, dass die asiatischen Suppen, die man in Deutschand kaufen kann NICHTS im Vergleich zu den Instantsuppen in Japan sind. Weil Halloween vor der Tür steht (und wie Weihnachten auch in Japan größtenteils wie ein Volksfest zelebriert wird) erhalten wir auch einige passende Leckereien, wie Schoko- und Kürbiskuchen in mundegerechten Häppchen. Bei den Zeitungen finde ich den in Japan aktuellen Band

Fertigsuppe Udon

Kürbiskuchen

eines Manga, dem ich trotz meiner abgeflauten Treue und Liebe zu Anime und Manga immer noch zu Kreuze krieche. Der Band wird erst ein knappes Jahr später in Deutschland erscheinen. Er kostet nur 300 Yen und damit umgerechnet mit 2,35 € ganze 4,25 € weniger als er in Deutschland kosten wird. Dazu ist der Einband auch noch einmal extra gefasst. Generell wirken die japanischen Ausgaben der Manga liebevoller hergerichtet und herausgegeben als in Deutschland. Nach dem Abendessen unternehmen wir noch einmal einen Spaziergang um den Block, fangen japanische Pokémon mit dem zu diesem Zeitpunkt noch boomenden Smartphone-Game Pokémon Go, entdecken weiter versteckte Shinto und buddhistische Schreine und begeben uns danach alsbald wieder in unsere wohlverdienten Betten.

Der nächste Bericht umfasst Tag 3 Kyoto – Fushimi Inari-taisha und Kyomizu-dera Tempel


WorringenPur.de/06.05.2020
Bericht & Fotos: Sarah Matschkowski
Redakt. & digit. Bearbeitung: Matschkowski