Otto Schaaf, Dipl.-Ing., Vorstand





Retentionsraum Worringer Bruch


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leser,

es macht mich sehr betroffen, wenn ich in einem Beitrag über eine Meldung des WDR 5 lese, wie mit den Ängsten der betroffenen Menschen umgegangen wird. 

Von Beginn an war klar, dass der Retentionsraum nur im Falle von Extremhochwässern, d.h. bei erwarteten Wasserständen von mehr als 11,90 m Kölner Pegel (KP) – entsprechend einem 200-jährlichen Hochwasser – zum Einsatz kommen soll. Für ein solches Ereignis liegen uns allen keine praktischen Erfahrungen vor, da es in der jüngeren Geschichte noch nie aufgetreten ist. Bei diesen extremen Wasserständen muss mit einer offenen Überflutung der Deiche und damit auch der tiefer liegenden bebauten, vermeintlich geschützten Gebiete gerechnet werden. Mit Hilfe des Retentionsraums ließe sich dieser Zeitpunkt um bis zu 14 Stunden hinauszögern. Nachdem im Kölner Süden die Hochwasserschutzlinie bereits bei 11,30 m KP überflutet wird und das Großschadensereignis dort bereits eingetreten ist und zahlreiche Hilfskräfte bindet, sind diese Stunden eine wertvolle Zeit, die im Norden für Rettungsmaßnahmen einschließlich Evakuierungen zusätzlich zur Verfügung steht. Ob es darüber hinaus gelingt mit Hilfe des Retentionsraums den gesamten Scheitel der Hochwasserwelle abzufangen und dadurch eine Überflutung der Wohngebiete zu verhindern, hängt vom Einzelfall ab, d.h. von der Höhe und Länge der Scheitelwelle.

Ab wann eine Evakuierung notwendig wird, entscheidet deshalb in jedem Einzelfall der Krisenstab für Großschadensereignisse in Abstimmung mit denjenigen Krisenstäben, die in einem solchen Fall für die landesweite Koordinierung gebildet werden.

Der Retentionsraum dient aber nicht allein dem zusätzlichen Schutz des Kölner Nordens, sondern ist auch ein Solidarbeitrag der Stadt Köln für unsere Unterlieger. Denn mit dem Öffnen des Retentionsraums kann der Wasserspiegel um bis zu 17 cm gesenkt werden.

Diese Absenkung macht sich bis in die Niederlande hinein bemerkbar. Wer die letzten Hochwasserereignisse im Süden und Osten Deutschlands aufmerksam verfolgt hat, hat mitbekommen, wie die Menschen vor Ort nach tagelangen hohen Pegelständen gezittert haben, ob die Deiche auch weiterhin dem Wasserdruck standhalten können. Diese Angst war begründet, da die üblichen Flussdeiche mit der Zeit „durchweichen“ und dann ihre Standfestigkeit verlieren können. Darum kann auch dieser Retentionsraum nicht groß genug sein. Das Land Nordrhein-Westfalen wäre nicht bereit, den Retentionsraum Worringen zu 100 % zu finanzieren, wenn nicht genau dieses Risiko für die unterhalb Kölns liegenden Deiche bestehen würde. 

Ein Wort noch zu den Betroffenheiten im Kölner Norden und speziell in Worringen. Wir haben uns sehr intensiv mit den Auswirkungen hoher Grundwasserstände auf die bebauten Gebiete bei einem Hochwasser von 11,90 m KP befasst. Wer sich die Karten mit den Abständen des Grundwasserspiegels von der jeweiligen örtlichen Oberfläche – den sogenannten Flurabständen – einmal nebeneinander legt, wird feststellen, dass auch ohne den Retentionsraum die Flurabstände in großen Teilen Worringens geringer als 1 m sind. Das heißt, dass Grundwasser an den Kelleraußenwänden ansteht und an bestimmten Stellen auch an der Oberfläche austreten kann. Verbunden damit sind Schadensrisiken für  die Gebäude infolge der Grundbruchgefahr und Risiken des Eintritts von Grundwasser in tief liegende Räume z.B. über Treppen und Kellerschächte.

Vergleicht man diese Karte mit der Flurabstandskarte bei Vorhandensein des Retentionsraums, wird man feststellen, dass die betroffenen bebauten Flächen nahezu identisch sind. Was sich in diesem Fall anders darstellt, ist lediglich der anstehende Wasserdruck, der dafür sorgt, dass mehr Wasser nachströmt.

Vor diesem Hintergrund bitte ich alle Leser die Argumente sorgfältig abzuwägen und auch aus Solidarität mit den Unterliegern dieses Projekt zu unterstützen. Wir Kölner erwarten auch von unseren Oberliegern Solidarität, indem endlich die in den IKSR-Verträgen aufgelisteten Retentionsräume, z.B. der Retentionsraum im hessischen Trebur, eingerichtet werden. Das können wir nur überzeugend fordern, wenn wir auch bereit sind unseren Beitrag bestmöglich zu leisten.


Mit herzlichen Grüßen 

Ihr Otto Schaaf


WorringenPur.de/05.08.2013
Redakt. Bearbeitung:
Matschkowski