Dialog mit den Bürgern vertiefen
StEB eröffnen Informationsbüro zum Retentionsraum Worringen
Gastbeitrag der Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR

Köln-Worringen
Beim Hochwasser vor 20 Jahren ist Köln glimpflich davon gekommen. In Worringen stand der Rhein mit 10,69 Metern Kölner Pegel knapp unterhalb der Deichkrone. Seitdem hat es kein großes Hochwasser mehr gegeben. Heute ist der Kölner Norden bis zu einem Wasserstand von 11,90 m Kölner Pegel geschützt. Die Katastrophen der letzten Jahre an Elbe und Donau haben jedoch gezeigt, dass ein Extremhochwasser auch am Rhein möglich ist. Umso wichtiger ist eine gute Vorbereitung, denn dadurch können im Ernstfall Gefahren für Leib und Leben sowie hohe Schäden abgewendet werden.

Hintergrundinformationen zu historischen Rheinwasserständen finden Sie im Internet unter www.steb-koeln.de > „Hochwasser und Überflutungsschutz“ > „Hochwassergeschichte“.

Die Stadt Köln hat diese Gefahr bereits in den 90er Jahren erkannt und sich im Rahmen eines umfassenden Hochwasserschutzkonzepts für den Bau des Retentionsraums Worringen ausgesprochen. Inzwischen sind die Planungen fortgeschritten. Auf der Umweltministerkonferenz 2014 hat das Land NRW die überregionale Bedeutung des Projekts bestätigt, indem der Retentionsraum Worringen mit hoher Priorität in das nationale Hochwasserschutzkonzept aufgenommen wurde.

Die Stadtentwässerungsbetriebe Köln (StEB) haben frühzeitig auf eine transparente Informationspolitik gesetzt. Im Dialog mit Bevölkerung und Hier entsteht in Kürze das Informationsbüro der StEB zum Retentionsraum Worringen. Das Ladenlokal im Hackhauser Weg 2 wird derzeit renoviert.Lokalpolitik wurden offene Fragen diskutiert und Lösungen erarbeitet. Nun möchten die StEB einen Schritt weitergehen. „Wir möchten unser Versprechen einlösen und eine Anlaufstelle vor Ort einrichten“, so StEB-Vorstand Otto Schaaf. Und weiter: „Auch wenn wir nicht alle Kritiker werden überzeugen können: Wir möchten ehrlich und stetig über das Projekt informieren und uns den Fragen der Bevölkerung stellen.

Das Informationsbüro im Hackhauser Weg 2 wird voraussichtlich Ende April eröffnet. Der Termin sowie die Öffnungszeiten werden zeitnah bekanntgegeben. Alle Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen. Im Büro erwarten Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtentwässerungsbetriebe, Hintergrundinformationen sowie eine Ausstellung zum Thema Retentionsräume.

In folgedem Artikel werden die wichtigsten Fragen und Antworten zum Retentionsraum zusammengefasst.


Warum der Standort Worringen?
Der Retentionsraum Worringen ist Teil einer Kette von geplanten Retentionsräumen entlang des Rheins, um bei drohender Überschwemmung den Wasserstand gezielt zu senken. Am Oberrhein wurden in den letzten Jahren zahlreiche Retentionsräume fertiggestellt, so z. B. in Mechtersheim und in Ingelheim. Das bedeutet zusätzliche Sicherheit für Köln. In den engen Flusstälern von Mittelrhein und Mosel gibt es jedoch keinen Platz für weitere Retentionsräume. Der bereits fertig gestellte Retentionsraum Porz-Langel und der geplante Retentionsraum Worringen sind somit die ersten Retentionsräume flussabwärts von Bingen. Davon profitieren der Kölner Norden und die Unterlieger am Niederrhein und in den Niederlanden. Wenn alle Flussanlieger zusammenarbeiten, ist ein effektiver Hochwasserschutz möglich.

Warum ein gesteuerter Retentionsraum?
In der Vergangenheit wurde der Rhein über weite Strecken begradigt und eingedeicht. Dadurch steigt die Hochwassergefahr. Um den Verlust an natürlichen Überschwemmungsgebieten annähernd zu kompensieren, müssen die wenigen zur Verfügung stehenden Flächen gezielt genutzt werden. Bei einer ungesteuerten Retention nimmt der Fluss die Flächen schon bei anlaufender Hochwasserwelle in Anspruch. Vor Eintreffen der Hochwasserspitze ist das Rückhaltevolumen bereits „aufgebraucht“. Der entscheidende Vorteil der gesteuerten Retention liegt darin, dass der Retentionsraum gezielt eingesetzt werden kann, um zum richtigen Zeitpunkt die Hochwasserspitze zu kappen bzw. Zeit zu gewinnen. Außerdem können die Flächen innerhalb des Retentionsraums aufgrund des seltenen Einsatzes weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden.

Wann kommt der Retentionsraum zum Einsatz?
Der Retentionsraum Worringen ist ein „Notfallpolder“ für seltene Hochwasser. Eine Flutung erfolgt, wenn der Rhein einen Stand von mindestens 11,70 m KP erreicht hat und die offizielle Prognose von einem Überschreiten der 11,90-Meter-Marke ausgeht. In diesem Fall droht eine offene Überflutung der Hochwasserschutzanlagen und damit auch der Ortslage Worringen. Nur bei einer einvernehmlichen Entscheidung der Krisenstäbe des Landes NRW und der Stadt Köln wird der Retentionsraum geflutet.

Welchen Nutzen bringt der Retentionsraum?
Nur wenn der Retentionsraum in seiner geplanten Größe gebaut wird, kommen seine Vorteile voll zur Geltung. Mit seinen rund 30 Mio. m3 Volumen ermöglicht der Retentionsraum eine Senkung des Wasserspiegels im Kölner Norden um bis zu 17 cm, wenn er zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt wird. Selbst in Duisburg bringt der positive Effekt noch bis zu 14 cm. Dadurch können im günstigsten Fall mehrere hunderttausende Einwohner und großflächige Industriegebiete vor einer Überströmung der Rheindeiche geschützt werden.
Falls der Rhein noch höher steigt, kann durch den Einsatz des Retentionsraums eine Überströmung der Deiche um bis zu 14 Stunden verzögert werden – das ist wertvolle Zeit, um Rettungs-, Sicherungs- und Evakuierungsmaßnahen durchführen zu können, wovon auch sensible Einrichtungen wie zum Beispiel die Riehler Heimstätten und der Kölner Zoo profitieren.

Welche Folgen hat der Retentionsraum für das Grundwasser?
Bei Hochwasser steigt auch das Grundwasser zeitverzögert an. Die Folgen für tief liegende Stadtteile Retentionsraum (Foto: StEB, Fotograf: Hubert Harst)wie Worringen können nasse Keller sein. Diese Problematik existiert bereits heute, ohne Retentionsraum. Der bisher höchste Grundwasserstand wurde 1988 bei einem besonders lang anhaltenden Hochwasser mit einem Höchststand von 9,96 m KP gemessen.
Der Retentionsraum kommt frühestens bei einem Wasserstand von 11,70 m KP zum Einsatz. Für derartige Werte gibt es keine praktischen Erfahrungen. Ein Grundwasserströmungsmodell der RWTH Aachen kommt zu dem Ergebnis, dass bei einem Hochwasser dieser Größenordnung auch ohne Retentionsraum die Grundwasserflurabstände in Teilen Worringens geringer als ein Meter sind.
Bei einer Flutung des Retentionsraums sind die betroffenen bebauten Flächen nahezu identisch, allerdings sorgt die vergrößerte Wasserfläche für ein stärkeres Nachströmen von Grundwasser. Da der Grundwasserspiegel bereits vor der Flutung sehr hoch liegt, ist der Einfluss des Retentionsraums auf das Grundwasser eher gering. Dem gegenüber stehen die Vorteile: der Retentionsraum ist letzte Handlungsoption, um eine offene Überflutung über den Rheindeich zu verhindern bzw. zu verzögern.

Hintergrundinformationen zum Thema Grundwasserstände finden Sie im Internet unter www.steb-koeln.de > „Hochwasser und Überflutungsschutz“ > „Hochwasser“ > „Die Hochwassergefahrenkarte“ > „Zur Hochwassergefahrenkarte“ > Feld „Grundwasserflurabstand“ ankreuzen.

Kann bei einer Flutung der Verkehr aufrechterhalten werden?
Wenn der Retentionsraum geflutet wird, müssen die B9 und die Alte Römerstraße gesperrt werden. Der lokale Verkehr wird über Bruchstraße, Blumenbergsweg und Worringer Landstraße umgeleitet, während der überörtliche Verkehr auf die A57 ausweichen kann. Bis zur Überflutung der Hochwasserschutz-Anlagen entlang der B 9 kann die Neusser Landstraße in Richtung Norden noch benutzt werden. Da zum Zeitpunkt der Flutung des Retentionsraums nicht nur der Kölner Süden sondern bereits viele Städte im Rheinland von Hochwasser betroffen sind, kommt es ohnehin zu großräumigen Verkehrseinschränkungen.

Wann muss Worringen evakuiert werden?
Ganz unabhängig vom Bau des Retentionsraums gilt: wenn der Rhein droht, die Marke von 11,90 m KP zu überschreiten, muss Worringen evakuiert werden. Für den Fall, dass der Retentionsraum dann bereits geflutet ist, stehen als Fluchtwege nach Westen die Worringer Landstraße und der Walter-Dodde-Weg zur Verfügung. Die Unterführungen unter der Bahnstrecke werden mit Pumpen, die nicht auf die öffentliche Stromversorgung angewiesen sind, gegen aufsteigendes Grundwasser gesichert. Im Notfall könnte außerdem am Further Weg ein provisorischer Überweg über die Bahngleise geschaffen werden. Bei Gefahr im Verzug wird der Bahnverkehr eingestellt.

Was bedeutet der Retentionsraum für den Naturschutz?
Die Bauwerke des Retentionsraums wurden so gewählt, dass sie die Natur so gering wie möglich beeinträchtigen. So ist an der Brombeergasse ein Fangedamm geplant. Dies ist ein kompaktes Bauwerk, das deutlich weniger Platz benötigt, als ein gewöhnlicher Deich. Tiere können die Bauwerke problemlos überqueren. Für den Fangedamm sind Amphibiendurchlässe sowie Querungshilfen vorgesehen.

Von einer Flutung ist so selten auszugehen, dass Flora und Fauna genug Zeit haben werden, sich in der Zwischenzeit zu regenerieren. Für den geschützten Kammmolch werden in unmittelbarer Nähe Teichbiotope angelegt. Von dort aus kann der Molch das Worringer Bruch nach einer Flutung wiederbesiedeln.

Weitere Informationen
Weitere Informationen, auch zu den Themen Altlasten, Befüllung und Restentleerung oder Auswirkungen auf das Landschaftsbild erhalten Sie ab voraussichtlich Ende April 2015 im Informationsbüro im Hackhauser Weg 2.


WorringenPur.de/11.03.2015
Text & Fotos: StEB

Redakt. & digit. Bearbeitung: Matschkowski