Historie
Theo`s „Burghof“ verabschiedet sich von seinen Gästen
Fünf Jahrzehnte Worringer Kneipenkultur gehen zu Ende (1967-2016)

Köln-Worringen
Es ist schon seltsam, wie in jüngster Vergangenheit viele Worringer reagierten, als man zur Kenntnis nehmen musste, dass ausgerechnet „DIE“ Kneipe in Worringen, nämlich die Gaststätte „Zum Burghof“ zum Jahresende die Pforten schließt. Oft waren es die Worringer, die seit Jahren das Lokal schon nicht mehr besuchten, nun aber die Schließung bedauerten. Etwas wehmütig erlebt man Theo Schiefer, der den Burghof fünf Jahrzehnte als leidenschaftlicher Gastwirt betrieb und mit seiner äußerst umgänglichen Art belebte, wenn man mit ihm über die Vergangenheit in seinem Burghof spricht.

Begonnen hat alles zur Weihnachtszeit im Jahre 1965, als er auf einer Party seine Margot kennen lernte, die seinerzeit die Gaststätte „Em Scheffge“ betrieb. Der Funke sprang bei Theo Schiefer derart schnell über, dass er seinen Beruf als Bauklempner aufgab und bei Margot als „Kneipenlehrling“ im „Scheffge“ anheuerte. Bereits im Mai 1966 wurde dann geheiratet.

Theos_Burghof_01

Als der Pachtvertrag vom „Em Scheffge“ auslief und man die neue, überhöhte Pacht nicht zahlen wollte, rief Theo kurzerhand seine Eltern im Urlaub an, um ihnen auszurichten, dass er aus seinem Elternhaus (dem heutigen Burghof) eine Kneipe machen wolle. Die Antwort des entsetzten Vaters, deren Rückkehr abzuwarten, ignorierte Theo Schiefer, kündigte kurzerhand allen Mietern der möblierten Zimmer und begann mit Abrissarbeiten im Haus. Theo`s Vater war bei seiner Rückkehr zwar stinksauer, aber die bereits erfolgten Umbauarbeiten waren nicht mehr zu ändern.
Nach sechsmonatiger Bauzeit wurde die Gaststätte „Zum Burghof“ am 29.12.1967 eröffnet und war ein voller Erfolg. Und selbst Vater Schiefer kommentierte dies mit dem Satz: „Jung, dat habt ihr juut jemacht“.
Da das eigene Haus als Kneipe und Wohnhaus dauerhaft zu klein war, kauften Theo und Margot kurzerhand das kleine Haus nebenan auf und erweiterten hiermit den Gastraum, sodass nun auch Nebenräume ausreichend zur Verfügung standen.
Über Jahrzehnte wurde der Burghof zur Institution in Worringen, von der viele Gäste aus mehreren Generationen schwärmen. Viele Vereine und auch viel Prominenz waren zu Gast in diesem Haus, von denen die „Müller`s Aap“ (Peter Müller) ein weltbekannter Kölner Boxer, zu den Ersten zählte, weil dieser in seinem Leben nach dem Sport viele Spielautomaten in Kölner Kneipen betreute. Auch „Ben Wisch“, der SPD Politiker Jürgen Wischnewski, kehrte anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung im Burghof mit seinem Gefolge ein. Hierzu konnte Theo Schiefer schmunzelnd berichten, dass ein anderer anwesender Worringer Gastwirt, im Dorf nur „Vigges“ genannt, „Ben Wisch“ zu einem „Tupp-Duell“ aufforderte, wobei der Verlierer eine Lokalrunde zahlen sollte. Nach zwei Runden Tuppen mit Vigges war Jürgen Wischnewski geschlagen und gab seine Lokalrunde.
Auch eine Worringer Band war zum Proben

Theo Schiefer (Mitte)

Stammgast im Burghof und bedankte sich für Theo`s Gastfreundschaft mit gelegentlichen musikalischen Abenden vor den Gästen. Für viele Worringer Vereine, wie Fußballer, Schwimmer, Feuerwehr, CDU usw. war der Burghof über Jahre hinweg Stammquartier.
Hier erinnern sich gerne die Wasserballer des Schwimmvereins an einen Abend Mitte der 70er Jahre, an dem bis zur Sperrstunde „getagt“ wurde und man sich nachts um 02.00 Uhr vom Burghof mit einem Großraumtaxi zum Fühlinger See fahren ließ (damals noch mehr Baggerloch als See), um zwei Stunden später wieder im Burghof aufzutauchen, und sich in den privaten Kellerräumen von Theo zum Aufwärmen mit Bratkartoffeln und Spiegelei versorgen zu lassen.

Diese Geschichten und Beispiele zeigen, um welche Art von Gastwirt es sich bei Theo Schiefer handelt und warum in einer Zeit, in der es in Worringen noch 34 Kneipen gab, der Burghof immer rappelvoll war. Wer Rosenmontag bei Margot und Theo ein Bier haben wollte, musste dies oft auf der Straße trinken, wenn das Kölsch es dann noch durch die geöffneten Fenster schaffte. Margot und Theo Schiefer haben ihren Burghof stets mit Leidenschaft und Freude am Dienst am Kunden betrieben. Schlechte Laune oder Unzufriedenheit gab es nicht und das betont Theo Schiefer auch heute noch: „Ich habe zu allen Gästen der letzen 49 Jahre immer ein gutes Verhältnis gehabt, ganz gleich wie oft sie kamen“.
Gäste, die mehr oder weniger regelmäßig Gast im Burghof waren, werden dies uneingeschränkt bestätigen. Bei den letzten Abschlussabenden kam dann auch zwangsläufig bei den Gästen im Burghof viel Wehmut auf. Besonders die Stammgäste, die an den drei Tagen, an denen in jüngster Vergangenheit noch geöffnet war, im Burghof zuhause waren, werden dieses Lokal und besonders Theo Schiefer und seine besondere Art einen Gasthof zu betreiben, vermissen.

„Die Zeiten haben sich geändert und die Leute besuchen immer weniger oder gar nicht mehr die verbliebenen zwölf Worringer Gastbetriebe“, resümiert Theo Schiefer etwas wehmütig und letztendlich „wenn man auf Mitte 70 zugeht, muss irgendwann auch mal Schluss sein.“

So findet eine fast 50 Jahre bestehende Symbiose mit vielen Abschiedsgefühlen ihr Ende, denn alle werden sich gleichermaßen vermissen: Das Ehepaar Schiefer seine Gäste und die Gäste ihren Burghof, inklusive Margot und Theo. Und allen Beteiligten bleibt nur ein letztes Mal „Danke“ zu sagen. Danke für 49 Jahre vorbildlicher Worringer Kneipenkultur.


WorringenPur.de/29.10.2016
Bericht: Jakob Mildenberg
Fotos: Jürgen Meier & Jakob Mildenberg
Redakt. & digit. Bearbeitung: Matschkowski