Historie
Worringens Herrlichkeit war das Ziel
Führung über die Worringer Kaffeestraße

Köln-Worringen
40 interessierte Besucher trafen sich am heiligen Nepomuk, um mit Frau Dagmar Hötzel ins Mittelalter einzutauchen, in eine Zeit der Blüte unseres Heimatortes. Doch schon an diesem Standort gab es die ersten Neuigkeiten. So stand die Heiligenfigur noch 1893 mitten auf dem Senfweg. Für einen Wasserheiligen ein ungewöhnlicher Standort. Sicher erhielt er seinen Platz mitten in den Feldern nach den großen Hochwässern im 18. Jahrhundert und sollte so die Felder vor weiterem Wasser schützen. Nachdem Nepomuk in der Franzosenzeit „verschollen“ war, erhielt er in der nachnapoleonischen Zeit seinen heutigen Standort am Langeler Weg.

Danach betraten wir die „Herrlichkeit Worringen“ durch das Kölntor (*heute steht an ungefährer Stelle die Gaststätte “Kölle Pooz” = KölnTor am Ende der Straße “In der Lohn”). Worringen war im Mittelalter nur durch die drei „Stadttore“ zu betreten (*das “Rheintor” stand auf der heutigen “Alten Neusser Landstr.” in Höhe der alten Olligmühl=Ölmühle, das “St.Tönnistor” stand früher auf der heutigen St. Tönnisstr., dort, wo der heutige städt. Kindergarten steht). Worringen wurde mit einem Grabensystem und durch Wälle geschützt.


Eine wichtige Rolle in der Geschichte Worringens spielt das Haus 240. In das 1663 erbaute Haus der Familie Boes wurde im Jahr 1865 eine Mühle eingebaut. In späterer Zeit übernahm die Familie Rellecke Mühle und Anwesen, welches heute noch von ihr bewohnt wird.

Die Bedeutung Worringens wird besonders deutlich am Haus Nummer 256, in dem sich heute das Chinarestaurant befindet. In einem Vorgängergebäude an dieser Stelle befand sich schon im 17. Jahrhundert eine erste Worringer Schule. Das heißt, Worringen brauchte schreib- und lesekundige Bürger. Die Schule wurde von einem Vikar geleitet, der auch im Schulhaus wohnte. Die Schule fand in dieser Zeit im Sommer nur sehr unregelmäßig statt. Die Feldarbeit ging vor.

Hinter der Gaststätte zum Markt konnten nur noch Reste der ehemaligen Zehntscheune des Fronhofes besichtigt werden. Diese Scheune hatte keinen baulichen Kontakt zum Fronhof. So sollte eine Vermischung der Güter des Fronhofes und des Erzbischofs (er erhielt den Zehnt) vermieden werden.

Bemerkenswert an der Führung mit Frau Hötzel war in diesem Jahr, dass sie den Teilnehmern an vielen Häusern noch deren alte Struktur der Häuser erklären konnte. So waren viele Häuser in der früheren Zeit in fünf Abschnitte gegliedert, was nach wie vor an der Fensterfront zu erkennen ist, auch wenn dies durch heutige Verputz- und Verkleidungsarten nicht mehr auffällig ist.

Auch ein Kleinbauernbetrieb früherer Jahre konnte noch erkannt werden. Im Haus Nr. 262 waren  Haus, Stall und weitere Anbauten noch gut erkennbar. Es ist eines der letzten Häuser in unserem Ort, wo dies möglich ist.
Nach einigen weiteren Erkenntnissen endete die Führung im kath. Jugendheim. Hier wurden die Besucher von den Mitarbeitern des Café Esperantina auf das fürstlichste bewirtet. Herzlichen Dank dafür.

Beim Kaffeetrinken wurden aber noch viele Informationen zwischen Frau Hötzel und den Teilnehmern ausgetauscht. So holten verschiedene Personen von zu Hause Dokumente, die sie leidenschaftlich mit Frau Hötzel besprachen.

Die Teilnehmer und der Bürgerverein danken Frau Dagmar Hötzel, die wieder kostenlos führte und freuen sich auf eine Fortführung im nächsten Jahr.


*Anmerkung der Redaktion WorringenPur:
Nachdem Frau Hötzel derzeit noch keine Erklärung finden konnte, warum dieser Teil der Alten Neusser Landstraße früher “Kaffeestraße” hieß, haben wir ein wenig recherchiert und folgende Erklärungen gefunden, die den Namen “Kaffeestraße” erklären könnten:
“Mit Beginn des späten Mittelalters suchten die Bauern aus der Region Worringen auf, um ihren Bedarf an landwirtschaftlichen Kleingeräten zu decken. Zu Fuß oder mit Pferd und Wagen traf man sich zum „Antoniusfest“, das alljährlich am 17. Januar gefeiert wurde, vermutlich auf dem Alter Markt, wo der Straße entlang Verkaufsstände standen. Nachdem man sich bei meist frostigem Wetter mit dem nötigsten eingedeckt hatte, wurde gerne heißer Kaffee an den Verkaufsständen getrunken, die sich vom Markt bis zum heutigen Haus Nr. 240 erstreckten.”
Quelle: Heimatarchiv

Noch heute ist vielen Worringern aus den 50er Jahren das Antoniusfest als “Ferkes-Tünn” bekannt (Tünn = Tünnes = Antonius). So wurde auf dem heutigen St. Tönnisplatz in den 50er Jahren geweihtes Wasser in eine Zinkwanne geschüttet, woraus die Bauern in Flaschen das Wasser entnahmen und ihren Schweinen ins Futter beimengten, um sie so vor Krankheiten zu bewahren.
Quelle: Befragung Worringer Bürger



Bericht und Fotos: Bernd Jansen
Foto Haus 240 und Mühlenstein: Heike Matschkowski
WorringenPur.de/14.04.2006