Historie
Historische Führung
„Rund um den Fronhof“ (St. Tönnisstraße 6 – 28)
mit Buchautorin Dagmar Hötzel

Köln-Worringen
Für die dritte Historische Führung trafen sich knapp 50 Bürger vor den Toren des Fronhofs, der aber diesmal nicht im Mittelpunkt stand. Frau Hötzel gewährte einen kleinen Einblick in die Geschichte der Häuser Nr. 6 – 28 auf der anliegenden St. Tönnisstraße, die schon zu Zeiten der St. Tönnisstr., rechts mit Blickrichtung auf die Häuser 6-28Römer als wichtige Verbindungsstraße zu Sinnersdorf galt. So zählten zum Kern von „Alt Worringen“, das an der St. Tönnisstraße lag, die Häuser, die dem Kirchengebäude und dem „Alten Markt“ am nahsten standen. 

Frau Hötzel begann die dritte Führung dieser Art mit Haus-Nr. 6. (ab 1848 Ubberhof), in dem sich derzeit ein ital. Haus Nr. 6 (re.) und 6a (li.)Speiselokal befindet. Es gehörte zum Domstift Köln und wurde als Weinhaus bzw. Tafelrundenhaus genutzt. 1848 veranlassten die auf der Neusser Landstraße wohnhaften Eigentümer, eine Familie Haffmann die Trennung vom Gut, wobei der Teil in der St. Tönnisstraße Nr. 6 an Paul Ubber fiel. 1865 vernichtete ein Brand den „Ubberhof“ mit Kegelbahn und den Großteil des Tafelrunden-Gutes. Das Feuer vernichtete auch andere benachbarte Häuser. Noch heute zählt das Weinhaus ortsgeschichtlich zu den erwähnenswertesten Bauwerken. Das angrenzende Haus Nr. 6a gehörte bis zum 15. Jahrhundert mit zum Weingut und die Gebäude (6/6a) bestanden aus Stallungen und einem Brauhaus, das als eines der ältesten Worringer Schankhäuser bekannt war. Die  Sensation war der Fund eines „Römischen Hofs“, der bei jüngsten Grabungen infolge von Umbauarbeiten gefunden wurde. Damit wurde die vor Jahren aufgestellte These von Frau Hötzel bestätigt, dass Worringen schon zu Römerzeiten eine wichtige Rolle spielte.

Auf der St. Tönnisstraße Nr. 8 befand sich schon früh ein Wohnhaus mit alter Schankwirtschaft, die im 17. Jahrhundert aus zwei Häusern St. Tönnisstr., Richtung "Alter Markt". Linker Hand in gelb zu sehen: "Zur Krone"bestand. Die Familien Wilms (re.) und Richard (li.) bewirtschafteten die Häuser zunächst getrennt, bis die Familien untereinander heirateten. Zu dieser Zeit lag das „Recht des Bierbrauens“ steht auf dem Grundstück. 1839 leitete Wirt Peter Müller hier die Gaststätte „Zum Treppchen“, die erst vor wenigen Jahren den Betrieb einstellte. Ab 1877 stand an dieser Stelle weiterhin eine Schenkwirtschaft mit Metzgerei, die von Paul Hubert geleitet wurde. Die in diesen Häusern lebenden Familien spielten in Worringen insofern eine große Rolle, als dass sie Schöffen fürs Gericht stellten. Die Töchter waren so wohlhabend, dass sie für die Heirat die Mitgift stellen konnten und wiederum wichtige Rollen im Dorf einnahmen – denn damals galt: wer nichts hat, hat auch nichts zu sagen!

Über das Haus Nr. 10 (früher Nr. 272) kann ebenfalls gesagt werden, dass es eine Familie Schmitz um 1876 eine lange Zeit als Schankwirtschaft betrieb. Bereits im Jahr 1681 taucht der Name Schmitz auf. In dem Jahr brannte der nachbarschaftliche „Pilgramhof“ ab - aus Überlieferungen geht hervor, dass den Brand „böse Leute“ zu verantworten hätten, so Frau Hötzel. Die rechtliche Stellung der Frau war damals äußerst schwierig. Agnes Gumnich stand nach dem Brand vor der Wahl den Hof zu verlassen oder innerhalb weniger Tage neu zu heiraten. Der Neuaufbau des Hofs gelang mit Hilfe ihres zweiten Ehemanns Peter Schmitz,  der damit eine höhere gesellschaftliche Stellung einnahm. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor, die später jeweils in den „Bergerhof“ und „Fronhof“ einheirateten und damit wiederum innerhalb ihrer „Kaste“ verblieben, um ihre Stellung zu bewahren. 1898 wurde es als Wohnhaus neu errichtet.

Das Gasthaus „Zur Krone“ (Nr. 12) wurde um 1907 als Wohnhaus mit Gaststätte als Nachfolgebau zweier Kleinhöfe von einer Dormagener Bierbrauerei erbaut. Haus Nr. 14 war im Besitz einer Familie Kluth, (vom Quettinghof in Rogg.) in die später eine Familie Bittner einheiratete, diese stellte Gerichtsboten am Fronhof und bediente zudem das Gefängnis am Rheintor. Im Haus Nr. 16 (1889 neu gebaut) stand ursprünglich das alte Pfarrhaus, das eigentlich der Tradition nach am „Alter Markt“ hätte stehen müssen. 1721 brannte es ab und der damalige Pfarrer wollte dann ein aus Ziegeln gebautes modernes Haus haben, was die Kirche wiederum nicht wollte. Haus Nr. 18 gehörte im 17. Jahrhundert der Familie Hamacher und bestand ursprünglich aus zwei Häusern. 1878 übernahm es Familie Schiefenbusch als Metzgerei. Viele, besonders die Handwerker hatten bei ihrem gepachteten Haus einen Hof, Vierkanthäuser kennzeichneten die reichsten Familien. Nach einem Brand wurde stets zuerst die Scheune aufgebaut, die wg. der einzubringenden Ernte das wertvollste am Haus war. Das Pachtverhältnis zum Domstift war nach dem Einfall der Franzosen gefährdet, denn viele konnten ihre gepachteten Grundstücke nicht selbst ersteigern und waren somit dem finanziellen Ruin preisgegeben.

Im Haus Nr. 20 befand sich vormals eine Hofpumpe, die der Eigentümer stiftete und heute am Vereinshaus zu bewundern ist. Das Haus Nr. 22 gehörte bis 1869 zum Haus 20, 1870 übernahm es Maurermeister Hermann Detmer, 1901 wurde es dann von Küster Peter Rasky auf einem Vorgängerhaus aufgebaut und diente ebenfalls als Ladenlokal. Es steht heute unter Denkmalschutz. Die Schneiderei Heinrich Greis befand sich 1869 im Wohnhaus Nr. 24, das wie viele Häuser in Worringen einen Namen hatte – nämlich „Im Grünenwald“. „Häuser, die zum Markt gerichtet waren, hatten eine große Bedeutung“, wie Frau Hötzel bei diesem Haus anmerkte.  

1833 wurden die Hof-Grundstücke der Häuser Nr. 26-28 geteilt. Haus Nr. 26 wurde von Glaser Giannazio bewohnt und wurde ab 1870 ebenfalls als Schenkwirtschaft von Johann Schiefer genutzt. 1893 übernahm es Joseph Detmer. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts diente es als Wirtschaftsgebäude und Tanzsaal. Das Haus Nr. 28 hatte den Namen „Zum Grünenwald“ und wurde auch als Tanzsaal mit Kegelbahn genutzt. 1863 erfolgte der Umbau zum renommiertesten Gasthof von Worringen durch Ferdinand Weiler aus Thenhoven. Es hatte einen sehr guten Ruf und wurde später als Hauswirtschafsschule, 1927 als Mädchenschule genutzt und noch heute befindet sich dort eine Kindertagesstätte. 

Nach dem letzten Teil der Führung fragte man sich natürlich, ob Worringen nur aus Wirtschaften bestand – dazu Frau Hötzel: „Im Mittelalter war das Recht des Bierbrauens sehr verbreitet. Wenn die Viehherden Richtung Köln getrieben wurden, benötigte man in Worringen Stallungen und

Schankwirtschaften, um die Durchreisenden verpflegen zu können, davon lebten die Worringer Bürger. Die Viehtreiberei wurde jedoch später wegen der Eisenbahnlinie eingestellt und die Bevölkerung versuchte sich auf die neue Situation einzustellen. So gab es schnell Ersatz in Form von Tanzsälen und Kinos statt der Stallungen.“ Doch die Geselligkeit der Worringer, die sie bis dahin in die vielen Schänken führte ist bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Davon zeugen die reichlich vorhandenen Gastwirtschaften, die gerade im Worringer Karneval eine nicht unwichtige Rolle spielen. Die vielen Geschichten, die um diese Häuser der St. Tönnisstraße ranken, können wir an dieser Stelle nicht wiedergeben. Wir empfehlen hierzu aber das Buch „Stadtspuren“ von Frau Dagmar Hötzel, das viele Details zu Worringer Häusern und deren Geschichte widerspiegelt. Weitere Literatur wurde u. a. von Josef Gödecke und Toni Jägers veröffentlicht.

Wieder einmal bedanken wir uns bei Frau Hötzel für ihre kostenlose Führung durch einen Teil der Worringer Ortsgeschichte. Auch dieses Mal wollte sie vom Bürgerverein kein Geschenk als Dankeschön annehmen. Im Anschluss an die Führung kehrten alle gemeinsam in das Hotel Restaurant Matheisen ein, wo man bei deftiger Gulaschsuppe den Nachmittag ausklingen ließ.


WorringenPur.de/20.06.2005
Bericht und Fotos: Heike Matschkowski