Menschen
Fastelovend Anno 1948

Der umfangreiche Fundus des Heimatarchivs wurde  um eine Rarität aus dem Worringer Karneval erweitert. Hierbei handelt es sich um die „Gesetzmäßigkeiten“ des Prinzen während der tollen Tage, die im Jahre 1948 vom damaligen Prinzen Kaspar Sturm  ausgegeben wurden.


Prinz Kaspar II (Sturm)


v.li.: Kaspar Sturm, Esser "Schlaran", Annegrete Hüsch & Martin Dünwald
v.re.: Maria Schwidden

Seine Enkel Jakob Sturm und Kaspar Dick übergaben des Schriftstück in die Obhut des Heimatarchivs.

Kaspar Sturm vom Männer-Gesang Verein zog 1948  unter dem Motto „Mer kann och alles üvverdrieve“ als Prinz Kaspar II durch die Säle und Straßen von Worringen.
Ganz Worringen sah den ersten Rosenmontagszug nach neunjähriger „Zwangspause“. Es war der erste Nachkriegs-Rosenmontagszug mit einem Prinzen im westdeutschen Raum, noch vor den Hochburgen Köln und Düsseldorf. Auf dem Markt an der Alten Neusser Landstraße hatte sich ein Übertragungswagen des Nordwestdeutschen Rundfunks aufgestellt, von dort kommentierte der bekannte Reporter Hans Jesse das Ereignis mit sechs Festwagen und ca. 300 Teilnehmern.


Prinzenwagen Motto: Wein, Weib und Gesang

Nach Ende des Umzuges stieg Prinz Kaspar vor der Gaststätte „Zum Treppchen“ von seinem Prinzenwagen und hielt auf der Eingangstreppe mit seiner gewaltigen Stimme die berühmte Dankesrede „An mein Volk“. Als Anrede verwendete er nicht die übliche Redewendung „ Liebe Närrinnen und Narren“,  sondern er begann mit den derben Ausspruch „Wertes Jesocks“!!! (Josocks = Gesindel)

Die von „Sturms Käsper“ verfassten  „Gesetzmäßigkeiten“  beinhalten überwiegend Parolen,  die sich auf die Entbehrungen in den Kriegsjahren beziehen, aber auch sein  sprichwörtlicher Worringer Humor ist Bestanteil.

Hier ein Auszug, in unveränderter Form:

Freßkalien und Gebrauchsgüter sind im reichem Maße freihaus zu liefern. Unterernährte erhalten 10.000 Kalorien, ganz Verhungerte kommen nach Walhalla zu Meth und Bärenschinken.

Wenn die angekündigten Apfelsinen- u. Schokoladen-Schiffe noch vor Rosenmontag eintreffen, so ist für schnellste Verteilung zu sorgen.

Mann und Frau beurlauben sich gegenseitig bis Aschermittwoch. Bei Seitensprüngen wird vor Beinbrüchen gewarnt.

Wer dem Erlaß zuwiderhandelt, kritt vun dä Äschermettwochs-Hirring bloß de Stätze.


WorringenPur.de/04.01.2010
Bericht & Fotos: Worringer Heimatarchiv e.V.
Quellen: Die Geschichte des Worringer Kanevals von Josef Gödecke,
Informationen von Worringer Bürgern
Internetbearbeitung: WorringenPur













































Historie
„Fastelovend und  Fasteleer”
Das Heimatarchiv über die Ursprünge des heutigen Karnevals

Die Worte Fastelovend und Fasteleer bezeichnen heutzutage den gesamten Karneval. Ursprünglich war das einmal anders, denn Fastelovend, das ist der Fastnachtsabend. Damit gemeint war also eigentlich der Karnevalsdienstag als Abend vor dem Beginn der Fastenzeit. Quellen aus dem frühen 19. Jahrhundert belegen das lateinische Wort „Fastelerum“ für den Karneval. Unschwer zu erkennen, dass da der spätere Begriff Fasteleer mitklingt, der vielleicht sogar nur wegen eines Verses erfunden wurde. Anderswo in Deutschland bleibt man hingegen näher am Fastelovend und sagt Fasching, Fassnacht, Fassenacht, Fasnet oder Faslam.

Die Bezeichnung Karneval tauchte erstmals 1699 auf, nachdem dieser Brauch in mehreren rheinischen Städten Fuß gefasst hatte. Besonders Rosenmontagszug 1936 nach der Franzosenzeit (ab 1815) entwickelte er sich immer stärker. In den jeweiligen Protokollen der Gemeinden kann man lesen, dass damals schon Karneval in zahlreichen Dörfern gefeiert wurde.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts feierten die Worringer ihren Fastelovend als eine besondere Art von Straßenkarneval. An den tollen Tagen fanden sich die Nachbarschaften, die sog. „Pumpengemeinschaften“ zusammen, um gemeinsam Feiern und Umzüge zu gestalten. Da damals eine öffentliche Wasserversorgung fehlte, war die zur Brunnenpumpe gehörende Gemeinschaft ein eng verwachsenes „Schmölzche“. Treffpunkt war der Brunnen und von dort aus nahmen die Feiern ihren Ausgang. Man zog vereint von Haus zu Haus, wobei man sich selbst, irgendeinen „guten Freund“ oder eine örtliche Begebenheit karikierte.

Festausschuss 1937

Rosenmontagszug 1937

Die ersten Ansätze zu einer darüber hinausgehenden Art und Weise fiel in das Jahr 1848, in dem der älteste in Worringen bestehende Verein, der Männer-Gesang-Verein, gegründet wurde. Da die Sänger sich von jeher auch aktiv mit dem Karneval auseinander setzten und alle in der Folgezeit gegründeten Vereine sich mehr oder weniger karnevalistisch engagierten, breitete er sich nunmehr stetig aus.

Nachdem sich Mitte der 70er Jahren des 19. Jahrhunderts aus dem Nachbarschafts- und Straßenkarneval mehrere Karnevalsgesellschaften gegründet und in den 80er Jahren zu einem Gemeinschaftskarneval vereinigt hatten, führte dies 1886 zur Gründung des „Carnevals-Comitee-Worringen“, der Geburtsstunde des heutigen Festkomitees. Man ging dazu über, gemeinsam einen Prinzen Karneval Rosenmontagszug 1949 zu stellen und auch eine Karnevalsfeier zu organisieren.

Im Übrigen wurde der erste Rosenmontagszug durch Worringen bereits um 1875 gehalten, wenn auch die einzelnen Gesellschaften und Gruppen nicht immer geschlossen, sondern jede für sich durch den Ort zogen.

Die damals entstandenen Zusammenschlüsse zu Karnevalsgemeinschaften waren erst einmal nur Vereinigungen, die sich alljährlich vor Karneval neu zusammenfanden, um mit wechselndem Erfolg gemeinsame Veranstaltungen durchzuführen. Erst im Jahr 1904 bejahte man einen „erneuten“ festeren Zusammenschluss. Daraus ergab sich dann die Gründung des „Karnevals-Festkomitee-Worringen“ mit ihrem Präsidenten Kaspar Jansen. Diesem Komitee traten folgende Gesellschaften bei: Ohne Klüngel, Frohsinn, Närrische Hembdresserei, Immerfroh und Närrische Grielächer. Bei der Neuwahl am 14. Januar 1906 wurde Christian Hüsch zum Präsidenten gewählt.


WorringenPur.de/07.02.2012 (hm)
Bericht: Manfred Schmidt
Fotos: Bestand Heimatarchiv Worringen e. V
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Literaturquellen
Josef Gödecke: „Die Geschichte des Worringer Karnevals“, Köln 1988
Jubiläumsschrift „125 Jahre Festkomitee Worringer Karneval von 1886 e.V.“, Session 2010/2011