Lausbuben in der Märchensiedlung

VIVAWEST bringt Max und Moritz nach über 30 Jahren zurück

Köln-Worringen
Stukateurmeister Horst Schneider sitzt in Schwindel erregender Höhe auf einem Baugerüst und übertrifft sich selbst „Schneidermeister Böck über die Brücke schreiten zu lassen“. Im Rahmen der energetischen Modernisierung der 7 Gebäude (120 Wohnungen an der Alte Neusser Landstraße/Tekelkamp) für die die Wohnungsgesellschaft VIVAWEST GmbH insgesamt 4,5 Millionen Euro investiert, werden die Motive der „Sieben Schwaben“ und „Max und Moritz mit Schneider Böck“ aus der Feder von Wilhelm Busch wieder auf zwei Fassaden der „Märchensiedlung“ aufgebracht. Die Kosten allein dafür liegen bei bis zu 20.000 Euro.

Der gesamte Wohnkomplex stammt aus den 1960er Jahren. Bei Arbeiten an der Fassade wurden in den 80er Jahren die markanten Giebelmotive leider überputzt und waren seitdem nicht mehr sichtbar. „Wie hat die Märchensiedlung ihren Namen erhalten“, fragten sich Verantwortliche von VIVAWEST und recherchierten erfolgreich. Ein Anwohner verwies schließlich auf das hiesige Heimatarchiv, das noch eine alte Postkarte mit original Motiven zur Verfügung stellen konnte.  Danach wurde die Entscheidung getroffen, die Bildnisse der Schwaben und Lausbuben zu erneuern. Nun werden die Fassadenbilder auf zwei der Wohnreihen mit der „Sgraffito-Technik“ erstellt, bei der zunächst eine schwarze und anschließend eine weiße Putzschicht aufgetragen wird, um die Konturen anschließend von Hand etwa 1,5 cm heraus zu kratzen.  Diese Arbeiten werden zur Zeit von Stukateurmeister Schneider und seinen Kollegen von einer Bonner Firma durchgeführt, die auch schon die Kreuzblume auf der Kölner Domplatte reproduziert hat.

Die Vorarbeiten dazu mussten allerdings in der Nacht zuvor, am Donnerstag geleistet werden. Von  22 Uhr bis 4 Uhr wurden zunächst die Motive am Häuserblock  170 – 178 „Max und Moritz beim Ansägen der Brücke“  und „Schneider  Böck beim Überqueren der Brücke“ per Beamer an die straßenseitig gelegene Giebelfassade projiziert, um die Konturen anzeichnen zu können. Dabei warf das Gerüst einen 30 cm breiten Schatten auf die Gesichter der Lausbuben, die daher erst im Hellen bearbeitet werden konnten. Begeistert zeigte man sich von der Hilfsbereitschaft der Worringer, die die Arbeiter nachts mit heißem Kaffee versorgten und der gegenüberliegenden Nachbarschaft, die 3 m fehlendes Stromkabel ausliehen, sodass die Arbeiten nicht ins Stocken gerieten.

Freitags früh wurden schließlich die ersten 3 x 5 m großen Motive mit historischer Handarbeit aus dem Putz gekratzt. Die Wurzeln der „Sgraffito-Technik“ reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück.  Die  Firma, die diese Arbeiten ausführt, ist auf die Erhaltung historischer Gebäude spezialisiert und kombiniert alte Handwerkstradition mit modernster Technik und aktuellen Materialien. Bereits in zwei Wochen soll schon der zweite links liegende Häuserblock mit dem Motiv der „Sieben Schwaben“ fertiggestellt sein. Weitere Motive sind wegen der anders gebauten Giebel und des möglichen Vandalismus nicht geplant.


WorringenPur.de/23.04.2012
Bericht und Tag-Fotos: Heike Matschkowski
Redakt. & digit. Bearbeitung:
Matschkowski