Neues Wohngebiet „Brombeergasse“
Stadt beschließt Einleitung des Planverfahrens mit besonderer Dringlichkeit

Worringen
Der Rat der Stadt Köln sieht einen Neubaubedarf von 52.100 Wohneinheiten bis zum Jahr 2029. Die Frage ist nur: Wo sollen die neuen Wohnungen gebaut werden? In diesem Zusammenhang stehen in Worringen nun umfangreiche Baumaßnahmen an. Zum einen soll, wenn der Planfeststellungsbeschluss steht, der Retentionsraum (Überflutungsgebiet) in Worringen und, das ist relativ neu, parallel ein Neubaugebiet mit 185 Wohneinheiten errichtet werden. Die Baumaßnahmen für beide Projekte sollen koordiniert werden und dürften durchaus beeindruckende Ausmaße annehmen.

Der Stadtentwicklungsausschuss hat im Mai beschlossen, zeitnah ein Planverfahren mit besonderer Dringlichkeit einzuleiten. Der Beschluss soll daher noch vor der Sommerpause 2020 durch alle Gremien gehen. Es dreht sich um ein Gebiet südlich der Neusser Landstraße und der Straße „Auf der Füllenweide“ im süd-östlichen Bereich der Straße „Schmaler Wall“ und entlang des Senfwegs. Also in direkter Nähe zum Naturschutzgebiet des Worringer Bruchs. Projektname ist „Brombeergasse“.

02 Neubaugebiet Brombeergasse - als PDF01 Neubaugebiet Brombeergasse - als PDFIm Jahr 2019 hat die Deutsche Reihenhaus AG, als Bauträger, die Planungen bei der Stadt angestoßen. Die Grundstücke des 4,4 Hektar großen und bisher landwirtschaftlich genutzten Gebiets wurden bereits an den Bauträger verkauft. Neben 65 Reihenhäusern, sollen dort 120 Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau entstehen. 30 % der Wohneinheiten sind Teil des öffentlich geförderten Wohnungsbaus (hier greifen später besondere Bedingungen für die Vermietung), der Rest wird frei finanziert.

Das gesamte Neubaugebiet wird direkt an die neue Deichanlage des Retentionsgebiets angelehnt. Teilweise mit wenige Metern Abstand zu dem durchaus massiven Damm. Das Erschließungsgebiet liegt in einer topographischen Tieflage und hier ist möglicherweise mit sehr hohen Grundwasserständen bei Hochwasser und Überflutungen bei Starkregen zu rechnen.

Bei 185 Wohneinheiten ist mit einem Zuwachs der Bevölkerung von 400 bis 500 Menschen (2,3 Einwohner pro Wohneinheit) zu rechnen. Damit verbunden sind rund 300 PKWs zusätzlich (Fahrzeugdichte in Deutschland, 701 Kfz je 1000 Einwohner). Geplant werden in dem Gebiet allerdings nur 149 neue Stellplätze. Außerdem soll mit dem Neubau eine Kita entstehen.

Die Erläuterungen zum städtebaulichen Planungskonzept, wie z. B. Anlass und Ziel der Planung können interessierte LeserInnen der 12 Seiten umfassenden PDF-Datei der Stadt Köln entnehmen, die wir hier nochmals zur Verfügung stellen.


Kommentar:
Das waren, in einer kurzen Zusammenfassung der Planungsunterlagen, die vorliegenden Fakten. Wenn solche Projekte mit einer erhöhten Dringlichkeit durch die Ausschüsse geschickt werden, ist grundsätzlich besondere Vorsicht angeraten. In der Regel führt diese Hektik zu Einschränkungen bei der Mitsprache für die Bürger*innen. Darüber hinaus kann man zwei Dinge sehr grundsätzlich festhalten. Zum einen werden diese Baumaßnahmen zu einer erheblichen Belastung für die Bürger*innen in Worringen führen, zum anderen lässt die Planung bisher an keiner Stelle erkennen, wo z. B. die bestehende Infrastruktur in Worringen aufgewertet werden soll. Die Planung geht davon aus, dass die zusätzlichen Schüler auf die bestehenden Schulen verteilt werden. Dabei sind Grund- und weiterführende Schulen in Worringen, Chorweiler und Dormagen schon heute an der Belastungsgrenze. Lebensmittel, Bäcker, Ärzte, Gastronomie und sonstige Dienstleistungen sollen von den bestehenden Strukturen aufgefangen werden. Wie, das wird man dann sehen. Für eine umfassende Information ist neben der Stadt sicher auch der Bürgerverein gefordert.

Ein Verkehrskonzept ist im Entwurf ebenfalls nicht zu erkennen. Die Bushaltestelle „Alte Neusser Landstraße“ wird gestrichen, von einer Verbesserung der Anbindung durch Bus und Bahn ist in der Planung keine Rede. Es wird nur auf die bestehenden Bus- und S-Bahn-Linien verwiesen. Nach dem Motto: Es ist schon alles da – der Bau kann beginnen.

Das Neubaugebiet liegt, laut Landschaftsplan der Stadt Köln, im Landschaftsschutzgebiet L3 „Alte Worringer Rheinschleife“. Hier soll insbesondere die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der alten Rheinschleife erhalten und gefördert werden. In dem Antrag wird dazu klar und eindeutig festgehalten, dass die Baumaßnahme diesem Ziel klar widerspricht. Doch hier hilft offenbar die Planung zum Retentionsgebiet. Denn durch diese Hochwasserschutzmaßnahmen werden „die Schutzzwecke des Landschaftsschutzgebietes [...] ihre Gültigkeit verlieren“. Anders gesagt: Wenn die Natur durch den neuen Damm eh schon zerstört wurde, kann dort auch gebaut werden.

Natürlich muss die Stadt neuen Wohnraum schaffen. Aber die zu erwartenden massiven Beeinträchtigungen und Nachteile für die Worringer Bürger*innen sollten bei jeder dieser Planungen viel stärker berücksichtigt werden. Unsere lokalen Politiker sollten sich z. B. für eine Verbesserung der Infrastruktur einsetzen. Ein Radschnellweg in die Stadt, eine neue Schule, die bessere Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr oder ausreichend Freizeit- und Erholungsangebote sind nur Beispiele für das, was die Bürger*innen in Worringen verlangen sollten. Ein solcher Neubau sollte immer ein Geben und Nehmen sein und das funktioniert nur, wenn sich die Politik frühzeitig mit intelligenten Konzepten in die Planungen der Verwaltung einmischt. Es wäre schön, wenn das in Worringen einmal besser klappen würde, als in allen anderen Stadtteilen. Einfach so. Einfach, weil wir es können.


WorringenPur.de/30.05.2020
Bericht: Detlef Beyer
Bauskizze & PDF-Datei: Stadt Köln
Redakt. & digit. Bearbeitung: Matschkowski