Retentionsraum NSG Worringer Bruch
Unglaublich: Worringen wird vor der Flutung evakuiert!

Die Meldung schlug wie eine Bombe ein. Zwei Tage vor der Veranstaltung der Aktionsgemeinschaft der Bürgervereine Worringen und Roggendorf/ Thenhoven konnte man im WDR-Videotext die Meldung lesen, dass Worringen bereits vor der Flutung des geplanten großen Retentionsraums evakuiert werden solle. Wer nicht bei Freunden unterkomme, müsse dann in die Gesamtschule Chorweiler ziehen. Haben uns die Befürworter der großen Lösung mit Flutung des gesamten Worringer Bruches bisher nicht immer glauben lassen, wir wären doch die Ersten, die davon profitieren würden?

Hier soll der Retentionsraum enden. Kaspar Dick mit Bürgervereinsvorstaendlern an der ehemaligen Aral Tankstelle

Und jetzt? Wieso sollen wir dann bereits vorher evakuiert werden? Oder haben die Planer vielleicht endlich begriffen, dass wir in der Mausefalle sitzen, wenn die B9 geflutet würde? Wenn es sich bei der WDR-Meldung nicht um einen verspäteten April- Scherz handelt, wird nun überdeutlich, wie wichtig die zentrale Forderung der Aktionsgemeinschaft nach einer Verlagerung der B9 außerhalb des Flutungsbereiches ist. Auch wenn dies gemäß dem Kompromissvorschlag der AG Retentionsraum voraussetzt, das Einstauvolumen um die Hälfte auf 15 Mio. m³ zu reduzieren.

In der schriftlichen Stellungnahme der zuständigen Stadtentwässerungsbetriebe zum AG-Vorschlag gehen die Planer im Hinblick auf den Grundwasseraufstau nach Flutung ebenfalls auf Konfrontationskurs. Den Worringern und Roggendorf-Thenhovenern wird darin unterstellt, sie wollten sich Vorteile gegenüber anderen Ortsteilen verschaffen, weil sich nur bei uns der Grundwasseranstieg verringern ließe, nicht aber in Fühlingen, Langel und Blumenberg.
Das ist nicht nur der plumpe Versuch, einen Keil zwischen die Bürger zu treiben, sondern schlichtweg falsch! Denn die Entleerung der verkleinerten Retentionsfläche geschähe ungleich viel schneller als dies für die Bereiche des Worringer Bruches möglich wäre.

Logische Folge: Alle Ortsteile profitieren vom schnelleren Ablaufen des Wassers und der Grundwasserstand sinkt insgesamt viel früher. Zur Erinnerung: Selbst die Planer gehen davon aus, dass es sechs Wochen dauern würde, bis der Wasserstand im Worringer Bruch wieder Normalmaß hätte, wenn die große Lösung käme. Damit bliebe der Grundwasserstand für die Ortslage dauerhaft kritisch. Darüber hinaus sind die hiermit verbundenen „letalen“ (tödlichen) Auswirkungen auf den Baumbestand und viele Tierarten des Naturschutzgebietes längst bekannt. Einzig die Mückenpopulation würde wohl ins Unermessliche steigen.

Bleibt die Frage: Wie kann man angesichts der dramatischen Bilder vom erneuten Elbe- Hochwasser ernsthaft fordern, einen theoretisch denkbaren Polder mit 30 Mio. m³ Fassungsvermögen abzulehnen und nur einen halb so großen akzeptieren zu wollen?

Man kann! Dies ist jedenfalls die unveränderte Meinung der Aktionsgemeinschaft der beiden Bürgervereine. Hauptursache für die verheerenden Schäden an der Elbe waren nämlich vielfach nicht fehlende Retentionsräume, sondern völlig marode, aufgeweichte und schließlich gebrochene Deiche. Unsere Deiche aber sind saniert, durch eine Spundwand bis ins tiefe Erdreich verstärkt und bieten eine Sicherheit, die in Wahrheit noch über 11,90m KP liegt. Zum dritten Mal war für die enormen Regenmengen im Osten ein so genanntes Genua- Tief verantwortlich, das sich über dem Mittelmeer auflädt, zunächst entlang der Alpen und später in Richtung Polen zieht. Diese auch mit 5b bezeichnete Wetterlage ist ein meteorologisches Sommerphänomen. Unsere Hochwässer kommen hingegen in der Regel im Winterhalbjahr vor.

Größere Sorgen machen uns eher zunehmende lokale Starkregenereignisse, bei denen die Kanalisation die Wassermengen nicht aufnehmen kann. Dagegen hilft aber auch kein Retentionsraum im Naturschutzgebiet. Eine der größten Sorgen an der Elbe ist aktuell, wie man die Wassermassen aus vorhandenen Poldern und ungeplanten Überschwemmungsgebieten wieder herausführt. Auf die dortigen Erfahrungen darf man gespannt sein. Wir hingegen machen uns Gedanken, ob das Planungsrecht von der Politik nun Hals über Kopf geändert wird und der Bürgerwille zukünftig weniger zählt, wenn Hochwasserschutzmaßnahmen durchgesetzt werden sollen. Zur Klarstellung: Wir brauchen Retentionsraum. Dies kann kein vernünftiger Mensch bezweifeln. Aber wir bleiben dabei: Besser 15 Mio. m³ Retentionsraum schnell und gemeinsam schaffen, als 30 Mio. m³ noch über viele Jahre strittig diskutieren.

Anmerkung der Redaktion WorringenPur.de:
Detaillierte Infos zum Kompromissvorschlag der Bürgervereine, ausführliche Stellungnahme der StEB etc. finden Leser auf der Internetseite der Stadtentwässerungsbetriebe unter: http://www.steb-koeln.de/retentionsraum-koeln-worringen.html



WorringenPur.de/22.07.2013
Bericht & Fotos:
Aktionsgemeinschaft Bürgervereine Worringen/Roggendorf/Thenhoven e. V.
Redakt. & digit. Bearbeitung: Matschkowski