Die Wagenbauer: Stille Helden des Wurringer Fasteleer
Besuch von Prinz Bernd I. bei der Wageneinweihung in der Wagenbauhalle
Fotogalerie mit 72 Fotos (Minifotos auf 2 Seiten)!

Köln-Worringen/Rheinkassel
Sie gehören eher zu denen, die nicht im Vordergrund stehen wollen, sie sind meist nicht die großen Redner, bei Lob reagieren sie oft verlegen, doch einmal im Jahr, am Rosenmontag, stehen ihre künstlerischen Werke im Mittelpunkt und werden bestaunt und bejubelt: Die Rede ist von den Wagenbauern aller Gesellschaften, den eher stillen Helden des Fasteleer.


Bevor allerdings ihre große Stunde schlägt, ist viel Vorarbeit zu leisten. Sobald das Motto des Rosenmontagszuges durchsickert und im AK Umzüge dann verkündet wird, ziehen sich die Wagenbauer ins stille Kämmerlein zurück und erste Entwürfe entstehen, werden verworfen, neu gezeichnet, verfeinert, weiterentwickelt. Die Rohentwürfe stehen und werden in Mitgliederversammlungen vorgestellt. Auch hier wieder Diskussionen mit Lob, Kritik und Anregungen. Wieder ins Kämmerlein, weiterplanen, ändern. Dann, um die Sommerferien herum, stehen die Entwürfe. Und irgendwann im Herbst sieht man sie dann, erst am Samstag und je näher die Session rückt, auch schon mal abends, mit ihren Pudelmützen in den Vereinsfarben und im Blaumann ziehen sie gen Rheinkassel zur Wagenbauhalle des Festkomitees oder in ihre eigenen Hallen in Worringen, wie die Blau-Weißen (KG Löstige Junge) bei Frau Hirsch auf dem Lievergesberg, die Jecke vom Berg in ihren legendären “Fasan” an der Füllenweide, die italienischen Freunde in ihre Halle und der KiKa in die Kellerräume der Grundschule. Zahlreiche Fußgruppen bauen zudem in Kellern und Garagen.

Alle zusammen eint das Motto: „Vor der Rosenmontagsschau kommt zuerst der Wagenbau“! Dann wird gewerkelt, geflucht, gelacht, gefachsimpelt, Änderungen werden eingearbeitet, ebenso wie nette Gags, die einem erst bei der Umsetzung der Pläne einfallen. War es früher so, dass die Wagen untereinander erst am Rosenmontag gezeigt wurden, also der Bau unter „strenger Geheimhaltung“ stattfand, hat sich dies mit Inbetriebnahme der Wagenbauhalle geändert. Jeder kann nun sehen, wie und was der andere baut, fachmännische Kommentare und Tipps wechseln gefragt und ungefragt den Besitzer, es wird sich gegenseitig ausgeholfen, wenn einmal etwas fehlt. Selbstverständlich wird auch viel geflachst. Viele Wagenbauer begrüßen diese neue, angenehme Atmosphäre, sorgt sie doch für noch größeren Zusammenhalt und auch die Pausen würden noch mehr Spaß machen als früher,  meinen alte Wagenbauhasen. Aber auch hier gilt, wo tüchtig gearbeitet wird, soll auch tüchtig gefeiert werden. Deshalb laden die Wagenbauer um Hallenchef Wolfgang Langel am Samstag vor dem Karnevalssamstag zur schon traditionellen Wageneinweihung in die Halle ein.
Prinz Bernd I. hatte es sich schon vorher nicht nehmen lassen bei vielen Wagenbauern  vorbeizuschauen, um die ersten Ergebnisse zu bewundern, selbstverständlich, nicht ohne die obligatorischen „Wärmflaschen“  zu überreichen. Am Einweihungstag konnten sich der Prinz und sein Hofstaat nun von den gelungenen Ideen der Worringer Wagenbauer überzeugen. Die meisten Wagen sind kurz vor der Fertigstellung, der Zeitplan für diese Session war kurz und der Frost der letzten Tage erleichterte die Arbeiten nicht gerade. Na ja, alle Wagen in diese Feststellung einzubeziehen wäre etwas übertrieben. Mindestens der Wagen der italienischen Freunde wies in den zurückliegenden Jahren kurz vor Karneval immer noch viele freie Flächen auf. Was anderen Wagenbauern und Vereinspräsidenten den Schweiß auf die Stirn getrieben hätte, kostete unsere Freunde vom Comitato Italiano ein müdes Lächeln. Wenn es sein musste, wurde in rasanter Tag- und Nachtarbeit ein Wagen gezaubert, der oft seines gleichen suchte. Standardzitat von Elio Pulera: „Nur die Ruhe, kein Problem“. Bekannt sind die Worringer Wagenbauer auch für ihre ressourcenschonende Bauweise: Viele Aufbauten oder Materialien sind sicherlich nach dem Zug nicht mehr zu verwenden, aber etliche Dinge, wie Figuren oder deren Gerüst, sehr wohl. Also wird nicht einfach nur abgerissen, sondern genau überlegt, was man noch gebrauchen kann. Eines der besten Beispiele hierfür ist die bekannte Obelix-Figur des KIKA, der immer als erster Wagen im Kinderzug geht. Die Grundkonstruktion stammte noch vom Eisbärclub, lange Jahre auch karnevalistische „Zugheimat“ von Prinz Bernd I., der ihn unter anderem als Oberbürgermeister Norbert Burger im Zug mitfahren ließ.


Prinz Bernd I. stellte in seiner Dankesrede an die „wahren Helden des Fasteleer“ fest, dass sich hier wieder  einmal die Kreativität des „handjemaate Wurringer Fasteleer“ zeige. Das Zugmotto sei mit prächtigen Wagen sehr gut umgesetzt worden. Während in Köln die Mitglieder vieler Gesellschaften auf vom Festkomitee Kölner Karneval in Auftrag gegebene und gebaute Wagen klettern, können sich die Worringer Zugteilnehmer mit „ihrem“ Wagen identifizieren, haben sie doch engen Anteil an Entwicklung und Entstehung genommen. Der Prinz und sein Gefolge konnten sich nicht nur davon überzeugen, dass es am Karnevalssonntag (14 Uhr) und Rosenmontag (10 Uhr) kunterbunte Umzüge geben wird, sondern sie freuten sich vor allem auf die Präsentation des Prinzenwagens, der ihnen vom Wagenbauchef der Grielächer, Günther Jennen und seinen Wagenbaumännern und -frauen, voller Stolz gezeigt wurde. Die Generalprobe klappte schon ganz gut. Unter Applaus erklomm Prinz Bernd I. die Prinzenkanzel und übte sich schon mal im Kamelle werfen Bei Gegrilltem, Zupp, Waffeln, Kölsch und Heißgetränken wurden die Wagen bewundert. Bevor Prinz Bernd I. allerdings zulangen durfte, musste er zuerst eine Aufgabe ähnlich der in der Sendung „Die perfekte Minute“ erfüllen. Mit Hilfe seines Prinzenführers Joachim Mattke musste er innerhalb einer Minute Schrauben und Nägel in einen Balken treiben. Bei Zeitüberschneidung drohte ihm das Abschneiden von je 11 g Fleisch pro 10 Sekunden. Das dann um 55 g reduzierte Kotelett ließ sich Prinz Bernd I. aber dann doch sichtbar munden.

So langsam machte sich bei den Teilnehmern der Wageneinweihung die Vorfreude auf Rosenmontag bemerkbar. Freuen wir uns gemeinsam auf einen kunterbunten Zug, auf  kunterbunte Wagen, auf kunterbunt verkleidete Zugteilnehmer, auf kunterbunt geschmückte Straßen und Häuser und natürlich auf kunterbunt kostümierte Jecken als Zuschauer am Rand. Vor allem freuen wir uns auf einen strahlenden und kunterbunten Prinz Bernd I., der unter hoffentlich blauem Himmel kunterbunte Kamellen auf sein kunterbuntes närrisches Volk regnen lässt.


WorringenPur.de/18.02.2012 (hm)
Bericht: Detlef Friesenhahn
Fotos: Loesch, Stahlmann
Redakt. & digit. Bearbeitung:
Heike Matschkowski